Jena - "Ich habe Rücken" - Wenn Horst Schlämmer, alias Hape Kerkeling, seinen Standardsatz zu seinen Gesundheitsproblemen schnauft, dann nicken viele Menschen mit dem Kopf. Allein in Österreich leiden 2,3 Millionen Menschen an Rückenschmerzen. Das kostet die Betroffenen Lebensqualität und die Volkswirtschaft viel Geld. Rund 8 Millionen Fehltage pro Jahr gehen auf das Konto der Wirbelsäule. Bei über der Hälfte der Betroffenen verschwinden die Beschwerden innerhalb weniger Tagen spontan. Die übrigen plagen sich länger und öfter, manche entwickeln chronische Rückenschmerzen. Eine spezifische Ursache, lässt sich nur bei jedem Zehnten erkennen. 

Doch man ist seinem Rücken nicht hilflos ausgeliefert. Gründe für Rückenschmerzen und Möglichkeiten vorzubeugen, präsentiert eine neue Sonderausstellung unter dem Titel "Back tu Balance" in Jena (Thüringen) vom 14. September bis 10. November 2013.

Bauch- und Rückenmuskulatur

Nach Ansicht von Gesundheitsfachleuten sind bei rund 80 Prozent aller "Rückenfälle" mangelnde Bewegung und eine untrainierte Rückenmuskulatur die Ursache. Ist das die Wirbelsäule stützende Muskelkorsett zu schwach, dann sind Rückenschmerzen die Folge. Wer hingegen regelmäßig seine Rückenmuskulatur trainiert, hat gute Chancen, von Hexenschuss und Ähnlichem verschont zu bleiben. "Ich brauche auch Bauchmuskulatur, um meine Rückenmuskulatur zu stärken", sagt die Ausstellungkoordinatorin Bettina Hesse von der Universität Jena. Die Zoologin hat in ihrer Dissertation die Rückenmuskulatur des Menschen evolutionsbiologisch analysiert.

"In der Ausstellung wollen wir zeigen, welche Ursachen und Lösungen es für Rückenprobleme gibt", sagt Hesse. Eine stilisierte Wirbelsäule zeigt den Besuchern anschaulich, welche Bedeutung die Muskulatur hat. Wer an Rückenschmerzen leidet, bekommt am Glücksrad spielerisch verschiedene Therapiemöglichkeiten präsentiert. Großen Raum nehmen Exponate zu berufsbedingten Schwierigkeiten – und ihren Lösungen – ein.

So können Trucker ausprobieren, welchen Unterschied verschieden gefederte LKW-Sitze ausmachen. Welche Belastungen Tische mit standardisierter Höhe in der Gastronomie für unterschiedlich große Personen in Küche und Lebensmittelproduktion zur Folge haben, kann jeder selbst erleben. Und wer einmal die ausgestellte Erwachsenenpuppe aus dem Bett heben musste, weiß was Pflegekräfte täglich leisten und welchen Belastungen man bei der Patientenumbettung ausgesetzt ist – und wie man dies durch geschickte Bewegungen verringern kann. Für alle Eltern ist ein Besuch der Kindersitz-Station beinahe Pflicht, damit sie in Zukunft den Nachwuchs rückenschonend in den Sitz bugsieren können.

Um Ursachen kümmern

Damit niemand ratlos vor den Exponaten steht, helfen in der Ausstellung die "Rückenversteher" weiter. Das sind ausgebildete Studierende, die Lösungen zu den (meisten) Fragen wissen und die Exponate erläutern können.

Die Ausstellung beweist anschaulich, dass wir keineswegs mit Rückenschmerz leben müssen. "Wir sollten uns nur weniger um die Rückenschmerzen an sich als vielmehr um deren Ursachen kümmern", lautet das Fazit von Hesse, die alle Rückengeschädigten, aber vor allem die Gesunden, die sich vor möglichen Schmerzen schützen wollen, zum Besuch der Ausstellung und des Zusatzprogramms einlädt. Denn neben der imposanten Schau gibt es jeden Samstag um 10 Uhr ein Vortragsprogramm. Zudem runden Aktivangebote sowie Führungen für Gruppen und Schulklassen aller Altersstufen das breite Angebot ab – damit in Zukunft eine breite Mehrheit lachen kann, wenn Horst Schlämmer wieder sagt: "Ich habe Rücken". (red, derStandard.at, 9.9.2013)