Straßenarbeiten vor den Feierörtlichkeiten und die Beziehungen des Schwiegersohns sorgten für Unmut.

Unter reger Anteilnahme der Boulevardpresse hat am Samstag die älteste Tochter des rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán ihre Hochzeit gefeiert. In der Franziskanerkirche am Budapester Margareten-Ring gab Ráhel Orbán (24) dem Jungmanager István Tiborcz (27) das Jawort. Anschließend ging es im gemieteten silbergrauen Jaguar, gesteuert von Orbáns Sohn Gáspár (21), zum Landgut der Familie Tiborcz in Tükröspuszta, wo ungarische Köstlichkeiten wie Rehgulasch, Hühnersuppe und Pálinka gereicht wurden und ausgelassen gefeiert wurde.

Gut gefütterter Boulevard

Das Ganze wäre eine Privatangelegenheit gewesen, hätte der Regierungschef nicht selbst die Hochzeit seiner Tochter als Glamour-Ereignis ersten Ranges inszenieren lassen. Die eigene offizielle Facebook-Seite sowie eine mit Infos und Interviews angefütterte Boulevardpresse sollten dem lieben Volk – sieben bis acht Monate vor den nächsten Wahlen – das Bild einer "Traumhochzeit" im Hause des Landesvaters vermitteln. Doch die Begleitumstände versetzten dieser Illusion arge Dellen und verwiesen vielmehr auf die feudalen Zustände unter der Orbán-Herrschaft.

So dokumentierten Reporter des Webportals hvg.hu mit Fotos, wie drei Tage vor der Hochzeit die seit Jahrzehnten vernachlässigte Straße repariert wurde, die zum Landgut der Tiborcz-Familie führt. Maschinen des staatlichen ungarischen Straßenbauunternehmens füllten die Schlaglöcher auf, was auch die Direktion des Unternehmens bestätigte – ein Sprecher der Orbán-Partei Fidesz dementierte hingegen jeden Zusammenhang mit der Hochzeit.

Als schließlich auch die Straße vor der Trauungskirche in Budapest erneuert wurde, zeichneten Aktivisten der Protestbewegung Milla (Eine Million für die Pressefreiheit) die Aufschrift "Royal Wedding 2013" in den heißen Asphaltboden. "Königstreue" Mitbürger denunzierten die unbotmäßigen Untertanen bei der Polizei. Die herbeigeeilten Beamten nahmen die Personalien auf und erstatteten Anzeige wegen "Graffiti-Schmiererei".

Wirtschaftlich privilegiert

Auch die Herkunft des Bräutigams ließ aufhorchen. Der Tiborcz-Clan aus dem Komitat Fejér gehört seit Jahren zu jenen privilegierten und handverlesenen Familien, die aus ihren Beziehungen zu Orbán enorm profitieren. István Tiborcz ist Geschäftsführer der Firma Elios Innovativ, die sich mit erneuerbaren Energien beschäftigt und zum Firmenimperium des mit Orbán eng befreundeten Tycoons Lajos Simicska gehört. Sie lebt wie die Konzernmutter vor allem von öffentlichen Aufträgen.

Schwester Eszter wurde bei der Vergabe von staatlichem Pachtland bevorzugt und ist damit eine gewichtige Grundherrin des Landes. Bruder Péter, ein langjähriger Fidesz-Kommunalpolitiker, ist Berater für Energiefragen im Entwicklungsministerium.   (Gregor Mayer aus Budapest /DER STANDARD, 9.9.2013)