Die Autobranche kämpft. Die Nachfrage in Europa sinkt, der Wettbewerb wird immer härter. Österreich verliere in diesem Spannungsfeld zunehmend an Attraktivität.

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Wien - Die Fahrzeugindustrie ist im Wandel. Veränderungen in der Branchenstruktur, der Verteilung der Wertschöpfung zwischen Hersteller und Zulieferer, die Verschiebung der Absatzmärkte und Produktion in die Länder Brasilien, Russland, Indien und China sowie neue Technologien führen zu einem immer härteren Wettbewerb. Ein Konkurrenzkampf, bei dem die österreichische Zulieferindustrie bald in der Bedeutungslosigkeit verschwinden könnte, wie eine Studie von Fraunhofer Austria und der TU-Wien warnt.

Österreich habe demnach seinen Standortvorteil gegenüber Deutschland eingebüßt, was zu einem massiven Rückgang der Ausfuhren geführt habe. Gleichzeitig bekomme Österreich verstärkt die Konkurrenz aus Südosteuropa zu spüren, wo inzwischen auch hochwertige Fahrzeugteile hergestellt würden. Den Beschäftigten (30.000 direkt und rund 160.000 indirekt) stünden damit sehr harte Zeiten bevor.

Abhängigkeit ist zu hoch

Der Industriezweig sei stark vom Ausland abhängig. Rund 85 Prozent des Umsatzes werde von ausländisch dominierten Unternehmen erbracht, nur rund 15 Prozent von heimischen Betrieben. Besorgniserregend sei, dass die Exporte nach Deutschland - Haupthandelspartner der österreichischen Fahrzeugindustrie - in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen sind. Und das, obwohl Deutschland vom globalen Wachstum der Branche profitiere. Als Grund wird in der Studie angeführt, dass Österreich keine klaren Kostenvorteile mehr im Vergleich zu Deutschland hat.

Die Löhne seien in Österreich in den vergangenen zehn Jahren in Summe im Schnitt um 34 Prozent gestiegen, in Deutschland um 18 Prozent. "Damit hat Österreich massiv an Attraktivität verloren", warnt Wilfried Sihn, Geschäftsführer von Fraunhofer Austria.

In diese Kerbe schlägt auch Dietmar Schäfer. Der Sprecher der Arge Automotivindustrie (WKO) sieht in den teuren Kollektivvertragsverhandlungen einen Nachteil. "Es kann nicht alles immer nur teurer werden", sagt Schäfer zum STANDARD. Werden Löhne erhöht, müsse dafür auch etwas gegeben werden. Schäfer fordert höhere Arbeitszeitflexibilität.

Bestätigung

Der Fachverband der österreichischen Fahrzeugindustrie sieht in der Studie eine Bestätigung der aktuellen Lage. "Von der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 hat sich die Branche bis heute nicht ganz erholt", lässt Walter Linszbauer, Geschäftsführer des Fachverbandes, via Aussendung wissen.

Wolfgang Komatz vom Autocluster Oberösterreich kann diese Einschätzungen hingegen nicht teilen. "Die Ergebnisse der Studie spiegeln sich in keiner Weise in dem nieder, was wir in der Branche erleben", sagt Komatz zum STANDARD. Man wisse, dass man als Sektor vor Herausforderungen stehe. So müsse es etwa geschafft werden, dass heimische Betriebe auch Partner der großen Autobauer (Audi, BMW oder VW) bleiben, wenn diese nach Asien oder Nordamerika gingen. "Wenn es um Qualität geht, haben wir aber noch immer gute Karten", sagt Komatz. Flexiblere Arbeitszeitmodelle würden der Branche helfen.

Als Ausweg sieht Studienautor Daniel Palm von Fraunhofer eine Senkung der Lohnnebenkosten, höhere Ausgaben für Forschung, flexiblere Arbeitszeiten und den Gang in neue Märkte.

Ein düsteres Bild von der Branche zeichnet auch Moody's. Die Ratingagentur geht davon aus, dass der Pkw-Absatz in Europa 2013 gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozent schrumpft. Fünf Milliarden Euro wird das die Branche heuer kosten, weil die Nachfrage auf ein 20-Jahres-Tief gefallen ist. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 5.9.2013)