Wo bleibt der diesjährige Jahresbericht der Staatsschützer? Fertig soll er schon lange sein. Laut Innenministerium bedarf es aber noch "redaktioneller Bearbeitung".

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Wien - Einmal im Jahr erfährt das österreichische Volk, was sein Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Vorjahr alles gemacht hat und wo das BVT aktuell "die wichtigsten Gefahrenquellen und Entwicklungen in staatsschutzrelevanten Bereichen" vermutet, wie es Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Vorwort des letzten derartigen Berichts formulierte.

Fast immer wird der Verfassungsschutzbericht im Juli vorgelegt. Doch heuer wartete man im Sommer vergeblich auf den Tätigkeitsbericht der Verfassungsschützer. Dabei ist der Bericht mindestens seit Juli fertig - wie DER STANDARD aus internen Kreisen erfuhr. Wo bleibt er also?

Redaktionelle Bearbeitung

Dass man ihn wegen der nahen Nationalratswahl zurückhält, darf nicht sein, würde dies doch gegen die Leitlinien des BVT verstoßen, in denen es unter anderem heißt: "Das BVT agiert überparteilich und orientiert seine Arbeit am Schutz der verfassungsmäßigen Grundordnung. Seine Aufgaben erfüllt das BVT sachlich, unvoreingenommen und objektiv."

Auf Nachfrage des STANDARD gab ein Sprecher des Innenministeriums als Grund für die verzögerte Veröffentlichung an, die "redaktionelle Bearbeitung hat diesmal länger gedauert". Mit der Wahl habe das nichts zu tun? Das kostet den Sprecher einen Lacher: "Natürlich nicht. Das Timing und die Wahl hängen nicht zusammen, so ein Bericht ist doch nicht wahlentscheidend."

Spät bei Strasser und Fekter

Beim Blick in die Vergangenheit fällt aber auf, dass der Bericht in den vergangenen zwölf Jahren nur zweimal erst im September präsentiert wurde, und zwar 2002 und 2008, als Ernst Strasser beziehungsweise Maria Fekter (beide ÖVP) das Innenressort innehatten. In beiden Jahren stand im Herbst eine Nationalratswahl an.

Strasser musste sich damals auch den Vorwurf gefallen lassen, Bereiche über Verbindungen zwischen Rechtsextremen, Burschenschaften und seinem Koalitionspartner FPÖ geschönt zu haben.

In den vergangenen Jahren und auch heuer war der Verfassungsschutz immer wieder wegen angeblich zu zögerlicher Ermittlungen gegen gewaltbereite Rechtsextreme kritisiert wurden. Etwa in den Fällen der Neonazi-Site Alpen-Donau.Info oder der heuer aufgeflogenen Bande "Objekt 21". Umso neugieriger sind viele auf den aktuellen Bericht.

Veröffentlichung in nächster Woche

Unter ihnen ist Grünen-Nationalrat und Rechtsextremismusexperte Karl Öllinger. Er wittert hinter dem verzögerten Bericht eine Chance für die ÖVP-Innenministerin, "kurz vor der Wahl noch einmal mit einer kräftigen Warnung vor der islamistischen Gefahr punkten zu können".

Ob Öllinger mit seiner Vermutung richtig liegt, könnte sich nächste Woche zeigen. Wie DER STANDARD erfahren konnte, dürfte der Bericht der Öffentlichkeit dann vorgelegt werden. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 5.9.2013)