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Bertrand Cantat, Sänger der Gruppe "Noir Desir" auf einem Archivbild aus dem Jahr 2000.

Foto: EPA/KEYSTONE FILES/FABRICE COFFRINI
Die große Fangemeinde des französischen Rocksängers Bertrand Cantat, der der 41-jährigen Schauspielerin Marie Trintignant in der Nacht auf Sonntag tödliche Verletzungen zugefügt haben soll, reagiert ungläubig und schockiert auf den dramatischen Vorfall. Der 39-jährige Chef der Gruppe "Noir Desir" war seit 15 Jahren ein Symbol für die französische Jugend, ein Vorkämpfer im Krieg gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Wirtschaftsglobalisierung sowie im Einsatz für die Menschenrechte.

Webseiten sind weg

Die meisten der zahlreichen Webfenster, die Cantat und "Noir Desir" in Frankreich gewidmet sind, haben am Freitag nach der offiziellen Todeserklärung Marie Trintignants angekündigt, dass sie ihre "Sendungen" zunächst einstellen. Nach der vorläufigen Inhaftierung Cantats im litauischen Vilnius, wo die Filmschauspielerin die tödlichen Verletzungen erlitten hatte, blieb auch von der offiziellen Website (www.noirdez.com) nur noch die Empfangsseite übrig. Der Webmaster von www.noirdesir.org verspricht den Internet-Surfern dagegen, dass er wieder zurückkehren wird, "wenn sich die Lage beruhigt hat".

Enttäuschung über ihr Idol

Viele Fans von Cantat verleihen in den Internet-Chats ihrer Enttäuschung über ihr Idol Ausdruck. Hinter dem engagierten Globalisierungsgegner und Menschenrechtler erblicken sie plötzlich einen alkoholisierten, drogenabhängigen und gewalttätigen Mann, der seine Freundin zu Tode schlug. Sie können sich kaum vorstellen, dass er der selbe Mann ist, der vor einem Jahr gegen den rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Jean-Marie Le Pen (Front National, FN) demonstriert hatte.

Ethische Rockgruppe

In der jüngsten Ausgabe des Musikmagazins "Les Inrockuptibles", das noch vor den tragischen Ereignissen gedruckt wurde, wird "Noir Desir" noch als "ethische Rockgruppe" bezeichnet. Daher weigern sich auch zahlreiche Anhänger Cantats trotz der schweren Verdachtsindizien, an die Schuld ihres Idols zu glauben. "Ich werde wie schon seit zehn Jahren fortfahren, Cantat als Künstler zu bewundern", liest man etwa in einer Internet-Mitteilung. " 'Noir Desir' ist und bleibt eine Kultgruppe", heißt es in einer weiteren Message, während andere Internet-Sufer härter verfahren: "Ein Anarchist zu sein bedeutet nicht, sich vollzusaufen."

Noch im Vorjahr sind "Noir Desir" mit zwei "Victoire"-Preisen ausgezeichnet worden. Der Sänger aus Bordeaux nutzte das Podium und knöpfte sich in seiner Ansprache den Chef des Medienkonzerns Vivendi, Jean-Marie Messier, vor. "Wir lassen uns von deinen Spielchen nicht täuschen", schnauzte Cantat den obersten Boss seines Labels Barclay an. Er schimpfte auf Künstler, die "von der Industrie und für die Industrie fabriziert würden" und prangerte Messier als "König des Personal-Abspeckens" an.(APA)