Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Archiv
London - Wissenschafter aus Deutschland und den USA konnten erstmals die Neutronenstrahlung nach der Atombombenexplosion über der japanischen Stadt Hiroshima messen. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen, die die bisher lediglich geschätzten Gesundheitsrisken nun definitiv bestätigen, wurden im Fachjournal Nature präsentiert.

Vor fast genau 58 Jahren, am 6. August 1945, detonierte über Hiroshima eine Uranbombe mit der Sprengkraft von rund 14.000 Tonnen TNT. Nur drei Tage später explodierte nahe Nagasaki eine 20.000 Tonnen TNT gewaltige Plutoniumbombe. Mehr als 280.000 Menschen starben sofort, von rund 90.000 Überlebenden werden seit Beginn der Fünfzigerjahre die Gesundheitsdaten registriert. Diese bilden die Grundlage für die heutige international verwendete Risikoeinschätzung für radioaktive Strahlung.

Wirkung unterschätzt

Klar ist heute, dass die damals aufgetretene Gammastrahlung die schädlichste Wirkung hatte. Gleichzeitig wurden aber auch die Kernbausteine der Materie, Neutronen, frei. Einen Streit gab es bisher darüber, wie die Schädlichkeit der besonders schnellen, energiereichen Neutronen einzuschätzen sei. Erst vor drei Jahren hatten Messungen darauf hingedeutet, dass man deren Wirkung stark unterschätzt hat - was für die internationalen Grenzwerte massive Folgen hätte. Schließlich weiß man, dass mit zunehmender Strahlungsdosis die Gefahr von Krebs enorm ansteigt: bei Kindern vor allem Leukämie - Tumoren in Brust, Lunge und Magen treten als Langzeitfolge primär im fortgeschrittenen Alter auf.

Um die Spuren des Neutronenbombardements in Hiroshima endlich nachweisen zu können, suchten die Forscher nun nach Regenrinnen, Blitzableitern und anderen Kupfergegenständen von damals.

Wenn ein Neutron nämlich in einen Kupferatomkern eindringt, wandelt sich dieser in Nickel-63 um. Aus der Häufigkeit dieses Isotops, angereichert in den 58 Jahre alten Blechen Hiroshimas, konnte nun erstmals die Intensität der damaligen Neutronenstrahlung berechnet werden. Und sie deckt sich mit der bisher geschätzten. Die internationalen Grenzwerte zum Schutz vor radioaktiver Strahlung können belassen werden. (fei/DER STANDARD, Printausgabe, 1.8.2003)