Wien - Ein Bär müsste man sein. Ein Pandabär vielleicht, auch wenn dieser bei uns nicht heimisch ist - aber weil der Pandabär sooo lieb ist, ist er allemal für Spendenaktionen gut. Auch wenn diese Spenden anderen Bären zugute kommen. Denn für Bären zu spenden ist Ehrensache.

Kaum ein Artenschutzprojekt in Österreich erfreut sich derartiger Sympathien wie die Wiederansiedlung von Bären. Sie hat in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte gemacht, was vor allem den Bemühungen des World Wide Fund for Nature (WWF) zu verdanken ist, der den Pandabären im Schilde führt und sich in Österreich unter anderem dem Schutz der Braunbären verschrieben hat.

Noch ist zwar (mit 25 bis 30 Tieren) kein überlebensfähiger Bestand aufgebaut, aber die Chancen stehen gut, dass es bald mehr als 50 Bären sind.

Begünstigt wird das Bärenprojekt durch die politische Entwicklung - richtig in Schwung gekommen ist die Wiederansiedelung von Meister Petz nämlich durch die Grenzöffnungen von 1989.

"Eine Braunbärenpopulation würde sich da mehr oder weniger von Natur aus wieder einpendeln," meint Franz Maier, Generalsekretär des Umweltdachverbands, "der Bär hat sicher nicht die höchste Priorität, aber er ist eben eine ,sexy species', ein attraktives Schutzprojekt."

Und daher ist auch Geld dafür locker zu machen: Die EU schießt im Laufe von drei Jahren 433.000 Euro zu, ein Drittel der WWF, etwa 20 Prozent zahlen Landesregierungen, Umweltministerium und Umweltbundesamt. Die Flurschäden, die die Bären gelegentlich anrichten, sind mit 8000 Euro praktisch zu vernachlässigen.

Dem Bären geht's daher relativ gut. Tieren, die kleiner und weniger plakattauglich sind, droht dagegen das Aussterben. Der Bayerischen Kurzohrmaus zum Beispiel: Die Biologin Friederike Spitzenberger schreibt in dem Buch "Die Säugetierfauna Österreichs", dass diese Maus in Bayern als ausgestorben gelten muss - die weltweit letzten Vorkommen leben in den Nordtiroler Kalkalpen, wo sich das Mäuslein in Höhen zwischen 750 und 1000 Metern gelegentlich blicken lässt.

Aber Schutzmaßnahmen für diese bayerische Maus sind schwerer zu organisieren - sie hat keine Lobby.

Peter Zulka vom Umweltbundesamt hält dieses Beispiel für eines der besten, wenn es darum geht, die Bedeutung von roten Listen anschaulich zu machen. Wobei es weniger um den Schutz der einzelnen Tiere geht, sondern um Lebensraum.

Wie komplex die Zusammenhänge sind, zeigt sich etwa bei der Lektüre der roten Liste gefährdeter Spinnen: "Von den 610 in Kärnten nachgewiesenen Arten mussten 186 (30 Prozent) in die roten Listen aufgenommen werden . . . Nicht nur die völlige Zerstörung von Lebensräumen, sondern schon scheinbar unerhebliche direkte oder indirekte anthropogene Einwirkungen können zum Erlöschen von Arten führen. Gleiches gilt für den Nährstoffeintrag aus der Luft, Schwermetall- und Biozidbelastungen, Immissionen, Aufgabe bestehender Nutzungsformen bzw. Nutzungsänderungen."

Aber wer würde schon einer seltenen Spinne zuliebe eine unrentable Landwirtschaft weiterführen?

Ähnlich ist es bei den Vögeln: Der WWF hat sich erfolgreich um den Schutz von Großtrappen und Störchen, um Seeadler und um die Wiederansiedlung des Bartgeiers gekümmert. Schwieriger ist es mit dem Raubwürgerprojekt: "Der kleine Singvogel mit dem schrecklichen Namen" braucht eine traditionelle Landbewirtschaftung - trotz aller Ökoprogramme fehlt den Tieren Lebensraum. Auf der Neufassung der roten Liste werden künftig 33 statt 24 Vogelarten als "critically endangered" stehen - was bedeutet, dass sie mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit in zehn Jahren aussterben. (Conrad Seidl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31. 7. 2003)