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Die Venus-Fliegenfalle kommt nur in einem kleinen Verbreitungsgebiet in den US-Bundesstaaten North und South Carolina vor: Sie ist ausschließlich in einem Umkreis von rund 100 Kilometern um die Stadt Wilmington zu finden.

Foto: AP/Mary Ann Chastain

Sobald die Venus-Fliegenfalle mit tellerfallenartig geformten Blättern zuschnappt, wird ihr "Maul" erst zum "grünen Magen" und dann zum Darm.

Foto: Christian Wiese

Die grüne Magen- bzw. Darmwand der Venus-Fliegenfalle im Querschnitt: Die hier an ihrer roten Farbe zu erkennenden Drüsen sondern den sauren Cocktail von Verdauungsenzymen ab und nehmen dann die freigesetzten Nährstoffe auf.

Foto: Christian Wiese

Eine der prominentesten fleischfressenden Pflanzen hat nun eines ihrer Geheimnisse preisgegeben: Deutsche Forscher haben der Venus-Fliegenfalle beim Verdauen zugeschaut und dabei entschlüsselt, wie Dionaea muscipula zu ihrer "Nahrung" kommt. Zu den zentralen Nährstoffe für Pflanzen zählt Stickstoff, der unter anderem bei der Produktion von Proteinen benötigt wird. In der Regel beziehen Pflanzen den Stickstoff in Form von Nitrat und Ammonium aus dem Boden. In einigen nährstoffarmen Biotopen, zu denen auch Moore zählen, haben Pflanzen spezielle Strategien entwickelt, um an ihren Stickstoff zu kommen.

Die Venus-Fliegenfalle etwa hat sich wie zahlreiche andere fleischfressende Pflanzenarten auf Tiere als Zusatznahrung spezialisiert. Wie sich die in einigen Moorgebieten Nordamerikas beheimatete Art aus der Familie der Sonnentaugewächse ihren lebenswichtigen Stickstoff aus der Beute holt, war ein bislang jedoch ungeklärter Mechanismus.

Ihre Beute schnappt sich Dionaea mit Blättern, die zu Klappfallen umgebildet sind: Berühren Insekten spezielle Sinneshaare auf der Fallenoberfläche, werden elektrische Impulse ausgelöst und die Falle klappt blitzschnell zu.

Die Gefangenen versuchen natürlich, sich zu befreien. Doch je heftiger sie sich wehren, umso häufiger berühren sie die Sinneshaare. Das wiederum bewirkt eine ganze Flut elektrischer Impulse sowie die Produktion des Lipidhormons. Dieses aktiviert die zahlreichen Drüsen, die dicht an dicht im Inneren der Falle sitzen: Sie fluten den "grünen Magen" mit einem sauren Saft, der über 50 verschiedene Verdauungsenzyme enthält.

In der Falle wird die Beute zerlegt

Wie die Verdauung genau vor sich geht, beschreibt ein Team um den Würzburger Biophysiker Rainer Hedrich nun in der Zeitschrift "Current Biology". Die Forscher fanden heraus, dass die Falle der Pflanze als Mund, Magen und Darm arbeitet: "Die Drüsen, die erst den enzymreichen sauren Magensaft absondern, nehmen später auch die nährstoffreichen Fleischbestandteile auf", erklärt Hedrich. "Ist der Magen leer, öffnet sich der Mund, um bei der nächsten Gelegenheit wieder zuzubeißen."

Die Forscher haben den Mageninhalt der Venus-Fliegenfalle analysiert und herausgefunden: Das Fleisch der Beutetiere wird in seine Eiweißbestandteile, die Aminosäuren, zerlegt. Dabei fiel ihnen auf, dass die Aminosäure Glutamin fehlt, dafür aber das stickstoffhaltige Nährsalz Ammonium auftaucht. Der Grund: "Die Pflanze hat in ihrem Magensaft ein Enzym, das Glutamin zu Glutamat und Ammonium spaltet. Letzteres wird dann von den Drüsen aufgenommen, die zuvor das Verdauungssekret ausgeschüttet haben", sagt Hedrich. Dass Pflanzen über diesen Weg Ammonium aus tierischem Eiweiß erschließen können, war bislang unbekannt.

Durchleuchtete Venus-Fliegenfalle

Das Forscherteam, dem auch Heinz Rennenberg von der Universität Freiburg und der  Göttinger Nobelpreisträger Erwin Neher angehören, wollen der Venusfliegenfalle noch weitere Geheimnisse entlocken. So ist etwa noch weitgehend unklar, wie die Pflanze andere Hauptnährstoffe und Spurenelemente wie Schwefel und Phosphor bezieht. Auch die Frage, was passiert, wenn die Wurzel auf Nahrung trifft, beschäftigt die Wisswenschafter? (red, derStandard.at, 03.09.2013)