Max Santner: Es geht um die Qualität der Hilfe.

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Man kann es nennen, wie man will: einen "guten Anfang", einen "ersten Schritt" oder auch eine "schöne Geste". Die Rede ist von Außen­minister Michael Spindeleggers geäußertem Vorhaben, 500 syrische Flüchtlinge in Österreich aufzunehmen. In einem Fernsehinterview erläutert er, dass "wir als Österreicher Kinder, Frauen, Christen aus Syrien aufnehmen." Für mich ist diese Aussage weder ein Anfang, noch ein Schritt in irgendeine Richtung, geschweige denn eine schöne Geste. Für mich ist sie entlarvend.

Sieben Millionen Syrer sind derzeit auf Hilfe angewiesen. Das sind vorsichtige Schätzungen, die Dunkelziffer liegt höher. Im Libanon - einem Land mit viereinhalb Millionen Einwohnern, flächenmäßig kleiner als Tirol – sind 700.000 syrische Flüchtlinge registriert. Schätzungen zufolge hat das Land aber bereits doppelt so viele aufgenommen.

Österreich hat für die Syrien-Krise bereits mehrere Millionen Euro für humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt. Das ist anzuerkennen und zu schätzen. Bei vielen anderen Krisen ist aber Österreich kaum bereit, einen substanziellen Beitrag für Menschen in katastrophalen Notlagen zu leisten - gerade im Vergleich mit ähnlich reichen europäischen Nationen.

Bei Spindeleggers Ankündigung geht es aber jetzt nicht um die Quantität einer humanitären Hilfsaktion, sprich die zur Verfügung stehenden Geldmittel, sondern um die Qualität: Dem Außenminister scheint es an humanitärem Verständnis zu fehlen. Die Reduktion vor allem auf "Christen" widerspricht einem der wichtigsten humanitären Grundsätze, nämlich der Unparteilichkeit.

Dieser Grundsatz besagt, bei humanitärer Hilfe dürfe nicht nach Nationalität, ethnischer Zughörigkeit, Religion, sozialer Stellung oder politischer Überzeugung unterschieden werden. Das einzige Kriterium dürfe das Maß der Not sein, und den dringendsten Fällen müsse Vorrang gegeben werden.

Jene Menschen in Österreich, die christliche Nächstenliebe als hohen Wert sehen und als solchen verstehen, müssten durch derartige Aussagen eigentlich vor den Kopf gestoßen sein. Und da drängt sich eine Frage an den Außenminister auf: Leiden Christen mehr unter Giftgas? (Max Santner, DER STANDARD, 3.9.2013)