Manchmal schweren Herzens, selbstverständlich immer zum Wohl des Ganzen

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Deutschland hatte - wenn auch nur vorübergehend - einmal mehr die Nase vorn. Und diesmal geht es gar nicht ums Kicken, jedenfalls nicht primär. Vier Trainer sind in der ersten und zweiten Bundesliga schon ihres Amtes ledig. Gut, immerhin läuft die neue Saison auch schon seit einem Monat. Trotzdem. Ihre Ligalage steht da nicht an, auszurufen: Chapeau! Auch wenn Admira mit dem Sonderfall Anton Polster das heitere Trainerkegeln eröffnete. Was das germanische Gewese noch beeindruckender macht: Jens Keller ist gar nicht Teil der Abschussliste. Und das, obwohl doch rund um Schalke bereits emsig auf Krise gemacht wurde, noch ehe der erste Pass überhaupt gespielt war. Keller kennt das, muss er doch mit Überforderungsunterstellungen leben, seit er im letzten Herbst den Jahrhundertknurrer ablösen durfte.

Foto: ap/Giakoumidis

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Und auch Thorsten Fink (im Bild mit Sportchef Oliver Kreuzer ist immerhin Präsident Carl-Edgar Jarchow sanguinischer Stimmung) werkelt weiter am Um-, Auf- oder sonstigen Bau des HSV. Dort, wo man in den letzten Jahren immerhin eine Meisterschaft darin entwickelte, Hoffnungsträger im Akkord zu Versagern umzupolen. Die jüngste Expertise: "Ich bin maßlos enttäuscht, seine Entscheidungen sind für mich unverständlich." Findet Herr Klaus-Michael Kühne. Und der gibt als Investor immerhin Geld hinein in den finanziell eher unflüssigen Evergreen von der Elbe. Da durfte die plauderale Dauerrotation namens Peter Neururer natürlich nicht zurückstehen. In präzedenzloser Respektlosigkeit fabulierte der endliche Wieder-Bochumer im Sportstammtisch seines Haussenders über die Fehler, die "der Thorsten" im menschenführenden Umgang mit seiner Mannschaft gerade begangen habe. Absolut erstklassig, menschlich gesehen. "Es macht derzeit keinen Spaß, Thorsten Fink zu sein", seufzte es in der Welt Online.

Nun aber Finito mit den Walking Wounded und in medias res.

Foto: apa/epa/Lüheimken

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Acht in zwölf oder: die Neustarts des VfB Stuttgart.

24.02.2001 - 30.06.2004                Felix Magath
01.07.2004 - 03.06.2005                Matthias Sammer
01.07.2005 - 09.02.2006                Giovanni Trapattoni
10.02.2006 - 22.11.2008                Armin Veh
21.11.2008 - 06.12.2009                Markus Babbel  
07.12.2009 - 13.10.2010                Christian Gross
14.10.2010 - 11.12.2010                Jens Keller
02.12.2010 - 25.08.2013                Bruno Labbadia

Foto: Reuters/Bensch

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Baba Labbadia. Was bleibt: In der Saison 2010/11 übernimmt er als Nachfolger von Keller den Verein im Abstiegskampf und führt den VfB dank einer erfolgreichen Rückrunde noch zum Klassenerhalt. In der Folgesaison schafft er sogar den Sprung in die Europa League. Der größte Erfolg dann in der letzten Spielzeit: Finaleinzug im DFB-Pokal, Niederlage doch gegen die Überbayern. In Schwaben will man ab sofort jung und wild sein. Sogenannte "negative Rhetorik" geht da gar nicht. Dummerweise gilt Labbadia als Realist, Euphorie ist seine Sache nicht. Verlängert im Jänner (bis 2015), abgesägt im August.

Foto: ap/Schrader

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In Bundesliga Nummer zwei liegt der 1. FC Kaiserlautern einen Punkt hinter dem Relegationsplatz. Sechs Runden sind absolviert. Klar, dass da das Saisonziel Aufstieg hochgefährdet und Franco Foda Geschichte ist. Außerdem waren ja nach dem 0:4 beim VfR Aalen auch unschöne Rufe aus dem Fanblock zu vernehmen, und der hat beim Traditionsklub eben ein besonderes Gewicht. Die letzten 39 Spiele seien in die Lagebewertung eingeflossen, hieß es vonseiten der Entscheider. Die Bilanz dieser Etappe: 18 Siege, 13 Remis, acht Niederlagen. Na ja. "Vor ein paar Wochen in der Vorbereitung war alles super. Die Stimmung im Team war klasse, wir haben die ersten Spiele gewonnen, und dann soll plötzlich die Beziehung zwischen Mannschaft und Trainer negativ sein. Das ist schwer nachvollziehbar", sagt Foda. Im ersten Match ohne ihn, einem 2:2 gegen Cottbus, blieb, so wird berichtet, eine erhoffte Leistungsexplosion aus. Ei der Daus!

Foto: Reuters/Rattay

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"Auf Sicht gesehen werden bei uns Probleme bleiben." Oha, etwa auch ohne Peter Pacult? Der da die unrosige Perspektive malte, heißt Steffen Menze, interimistischer Übungsleiter Dynamo Dresdens, eigentlich aber Sportlicher Leiter am Elb-Gestade. Zwei Runden nach dem "unvermeidlichen" (Geschäftsführer Müller) Finale für den Wiener hat der Tabellenletzte immer noch nicht gewonnen. Jener hatte dem Klub mittels erfolgreicher Relegation gegen Osnabrück die Klasse gehalten, der Lohn waren öffentliche Spekulationen über Pacults Ablösung. Diese hätten "einen Riss entstehen lassen, der nur durch sportlichen Erfolg in der neuen Saison hätte gekittet werden können", so Müller weiter. Eine entspanntere Lage für den Mann auf der Bank ist schwer vorstellbar.

Foto: apa

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Wir bleiben zweitklassig. Sechs Spiele, neun Punkte, Platz sechs. Der zumeist eher einer Posse als einem Sportverein nahestehende TSV München von 1860 ist für seine Verhältnisse durchaus passabel unterwegs. Klarer Fall: Hinausbefürderung von Übungsleiter Alexander Schmidt. Begründung:"Wir haben frühzeitig reagiert, um unsere Ziele für die Saison nicht zu gefährden." Kommt Ihnen bekannt vor? Tja. Aber da gibt es eben einen blauen Sugar Daddy aus Jordanien, Hasan Ismaik (im Bild rechts). Und der denkt nur große Gedanken. Wie er auch große Namen imaginiert. Nachdem einst Sven-Göran Eriksson von seiner angeblich kurz bevorstehenden Präsentation nichts wusste, soll es jetzt Felix Magath sein. Stopp. Illusion. Ende. Die Realität heißt wohl doch eher Friedhelm Funkel. Oder - richtig! - Foda. Mit etwas gutem Willen ist auch ein Mike Büskens nicht auszuschließen. Denn sollte Düsseldorf nicht langsam anfangen zu liefern, dürfte auch dort in Bälde etwas abgehen. Büskens wiederum war im Februar bei Greuther Fürth entlassen worden, wonach die fränkischen Kleeblätter natürlich ebenfalls die Klasse nicht hielten. Sie können folgen?

Foto: apa/epa/hase

Kehren wir an diese Stelle besser heim. Der hiesige Betrieb hat ja mit den Verabschiedungen von Slobodan Grubor und Martin Scherb zuletzt gut Druck gemacht und den Ausgleich geschafft. Scherb war mit einer Amtszeit von sechseinhalb Jahren immerhin der längstdienende Übungsleiter im österreichischen Profifußball. Er gilt als modern, zukunftsorientiert, fachlich erstklassig. 2007 hatte der heute 44-Jährige den SKN St. Pölten übernommen, in die Erste Liga geführt und dort trotz Mangelwirtschaft in den oberen Regionen etabliert.

Foto: wikipedia/ Steindy

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Man könnte das Erfolg nennen. Doch in der niederösterreichischen Landeshauptstadt wabern Aufstiegsambitionen herum, umso vernehmlicher seit dem Umzug in die nagelneue NV-Arena im Sommer 2012. Dass kaderliche Potenziale mit derartigen Andeutungen eher nicht synchronisiert waren? Schmeck's. In einem so hübschen Umfeld ist die Geduld mit einem unschönen Kontrast in Form des sportlichen Durchhängers eben begrenzter, als weiland in den Gefilden des herb-desolaten Voith-Platzes. Klarer Fall von Schmuckkästcheneffekt. Immerhin, so verlautet aus dem Vorstand, sei die Trennung einstimmig schwergefallen. (Michael Robausch, derStandard.at, 4.9.2013)

Foto: apa