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Foto: AP Photo/Gregorio Borgia

Der Bürgerkrieg in Syrien hat inzwischen Millionen von Syrern und Syrerinnen zur Flucht gezwungen, innerhalb des Landes oder weiter weg, über dessen Grenzen hinaus. Es ist ein Exodus riesigen Ausmaßes, etwa in den Libanon, der laut Flüchtlingshochkommissariat UNHCR derzeit rund 716.000 syrische Schutzsuchende beherbergt. Oder in die Türkei, wo eine halbe Million, sowie in das politisch ebenfalls extrem unruhige Ägypten, wo 300.000 Menschen Zuflucht gesucht haben.

Die syrischen Nachbarstaaten halten ihre Grenzübergänge weiterhin großteils offen. Das unterscheidet sie wohltuend von der Union der 28 nächstmöglichen Zufluchtsländer: der EU. Hier wurden in den vergangenen Tagen und Wochen die Kontrollen an den Außengrenzen in Richtung Syrien verstärkt - unter anderem zwischen der Türkei und Bulgarien: Abschottungsversuche als Reaktion auf die schwerste humanitäre Krise in der der Region seit langem an einem neuen "Tor der Hoffnung" in die Union der Menschenrechte.

Bulgarien statt Griechenland

Mit Bulgarien ist es der ärmste EU-Staat, über den syrische, aber auch andere Flüchtlinge vermehrt versuchen, nach Europa einzureisen. Bulgarien ist damit ein Stück in die bisherige Rolle Griechenlands geraten, wo das Asylsystem nach wie vor überhaupt nicht funktioniert und gewaltbereite Faschisten die Flüchtlinge gefährden - weshalb, wer nach Europa will, andere Wege zu gehen versucht.

Diese sind auch via Bulgarien hürdenreich, denn an der EU-Außengrenze zur Türkei versuchen die Exekutive und die EU-Grenzagentur Frontex Flüchtlinge möglichst fernzuhalten. Das funktioniert nur bedingt: Seit Jänner haben rund 1.700 Syrerinnen und Syrer die Grenze überschritten und um Asyl ersucht.

Einmal im Land, kommen Asylwerberinnen und Asylwerber in der Regel in den bulgarischen Asylaufnahmezentren unter, in denen sie frei ein- und ausgehen können. Doch in diesen gibt es nur 1.100 Plätze. Allein für die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien sind das 600 Plätze zu wenig - also wurden etliche von ihnen kurzerhand in Schubgefängnisse gesteckt.

Auch Kinder eingesperrt

Deutlich ausgedrückt: Sie wurden eingesperrt. Ein Reporter von Agence France Presse fand in den Schubgefängnissen von Busmanzi und Ljubimez syrische Familien vor, die bereits seit 48 respektive 67 Tagen als Gefangene lebten: erwachsene Männer und Frauen mitsamt ihren Kindern. Zum Teil mussten sich mehrere Familien einen Raum teilen. Das hätte ihnen wohl auch in der Türkei oder dem Libanon geblüht, aber Freiheitsentzug hätten sie dort wohl nicht zu befürchten gehabt.

Die syrischen Flüchtlinge hätten immerhin ein Dach über dem Kopf und erhielten zu essen, verteidigte eine Sprecherin des bulgarischen Innenministeriums dieses Vorgehen. Das Einsperren von Asylwerbern und Asylwerberinnen, nur weil sie um Asyl ersucht haben sind, sei ein Verstoß gegen die Menschenrechte, konterte ein Vertreter des UNHCR. Er hat recht: Selbst ab Mitte 2015, wenn die im Juni beschlossene umstrittene neue EU-Richtlinie in Kraft sein wird, die die Inhaftierung von Asylwerbern und Asylwerberinnen in manchen Fällen legalisiert, wird Einsperren aus Mangel an anderen Unterbringungsmöglichkeiten ein No-Go sein.

Ganz aktuell wiederum zeugt die Flüchtlingseinsperrung in einem EU-Mitgliedsland erneut vom Versagen bisheriger Anstrengungen, in der Asylfrage solidarisch vorzugehen. Täte man das: Es wäre ein Leichtes, ein paar hundert Syrien-Flüchtlinge aus Bulgarien in ein anderes EU-Land weiterreisen zu lassen. Vielleicht sollten daher einige der derzeit widerrechtlich ihrer Freiheit Beraubten unter jenen 500 Syrerinnen und Syrern sein, die laut Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) in den kommenden Wochen freiwillig von Österreich aufgenommen werden sollen. Es wäre ein erster, wichtiger Schritt. (Irene Brickner, derStandard.at, 1.9.2013)