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Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Erneut ist von "Umvolkung" die Rede.

Um fortan Erfolge einzufahren, müsse die FPÖ mehr aufbieten, als nur gegen die EU und Ausländer zu wettern. Das sagte FPÖ-Europaabgeordneter Andreas Mölzer dem Standard im heurigen März. In der Folge gab es manche Spekulation über eine Neuausrichtung der Rechtspopulisten unter Parteichef Heinz-Christian Strache - und sei es aus taktischen Gründen.

Aber dazu ist es nicht gekommen. Fünf Wochen vor der Nationalratswahl zeigt sich bei einer Durchsicht des freiheitlichen Wahlprogramms: Es beschränkt sich im Wesentlichen auf Anti-EU- und Antiausländerforderungen. Doch auch allein mit diesen  hat die FPÖ in der Vergangenheit ja schon so manchen Wahlsieg eingefahren.

Tatsächlich durchzieht die Ablehnung des und der Fremden im diesmaligen Blauen-Wahlprogramm den gesamten Forderungskatalog – als "Nächstenliebe" (im Gegensatz zur "Fremdenliebe") getarnt. Fast alle Forderungspunkte sind dieserart  umgemünzt, sozusagen Ausländer ablehnend gemainstreamt. Ein Beispiel: die Familien- und Jugendförderung, die laut FPÖ nur "unseren Familien" und "der eigenen Jugend" zukommen soll. Gleiches gilt bei den Verbesserungsvorschlägen für Klein- und Mittelbetriebe: nur für "heimische" Firmen, wird eingeschränkt.

Sozial nur für Österreicher

Desgleichen soll es laut FPÖ auch nur für Hiesige eine Ausweitung sozialer Absicherung geben: "Sozial schwache und hilfsbedürftige Österreicher unterstützen", "Österreicher zuerst bei Arbeitsplätzen und im Sozialsystem", heißt es. Das steht wohl ganz bewusst im Gegensatz zu dem Fakt, dass UnionsbürgerInnen und Drittstaatangehörige beim Bezug der meisten Sozialleistungen InländerInnen gleichgestellt sind – durch EU-Recht. Doch die EU kommt  ohnehin nur eher kurz und ausschließlich negativ vor: "Schluss mit Milliardenhaftungen für EU-Pleite-Staaten - Senkung der EU-Beiträge", laut die sie betreffende Blauen-Forderung.

Besonders klar tritt die xenophobe "Back to the roots"-Gesinnung der Erben Jörg Haiders aber  in einem 18-Minuten-Video zutage, das diesen Freitag in der Wiener Lugner-City präsentiert wurde. Pünktlich vor der Wahl am 30. September erinnert die Dokumentation "20 Jahre Österreich zuerst" an das gleichnamige freiheitliche Antiausländer-Volksbegehren 1993, das innenpolitisch massiven Druck von rechts ausübte und Auslöser für das Lichtermeer als Protest dagegen war.

Der Film kommt mit plumper Antiausländerpropaganda daher: Gleich zur Einstimmung defilieren vor den ZuschauerInnen in den ersten 60 Sekunden Aufnahmen einer Vielzahl Kopftuchträgerinnen vor Marktständen und in engen Stiegenhäusern, von Eingängen diverser Döner- und Pizzaimbisse in Wiener Geschäftsstraßen, winkenden Zeitungsverkäufern, einer auf einer Bank sitzenden schwarzen Frau, betenden Muslimen sowie protestierenden Flüchtlingen aus der Votivkirchenbewegung. Untermalt mit rhythmisch munterer Musik ist manches Bild nur zwei, drei Sekunden zu sehen, was wohl ein Gefühl der Umzingelung verursachen soll.

Einwanderung als Problem

Nach einer halben Minute Bilderansturm ist der erste gesprochene Kommentar zum Film zu hören: Wer 1993 mit heute vergleiche, müsse in Sachen Einwanderung zu dem "traurigen Ergebnis kommen, dass die Situation heute eigentlich fast schlechter ist", lautet dieser. Die Frage drängt sich auf, ob all jene, die hier – vielfach identifizierbar - als Beleg für dieses angebliche "Schlechterwerden" herhalten müssen, damit einverstanden und glücklich sind.

Denn immerhin kommen sie in einem Video vor, in dem gefordert wird, in die Verfassung einzufügen, dass Österreich kein Einwanderungsland sei. Und in dem ganz ungeniert rechtsextrem konnotierte Begriffe verwendet werden. Laut Mölzer, der im Film zusammen mit FPÖ-Ehrenobmann Hilmar Kabas in der Wiener Simmeringer Hauptstraße vor Kebapbuden, türkischen Supermärkten und Handyshops einherspaziert, hat die "Massenzuwanderung" zu einer, "Ethnomorphose oder Überfremdung" geführt .

Kabas steuert der Palette rechtslastiger Begriffe später das Wort "Umvolkung" bei, dessen Verwendung in einem Interview dem Salzburger FPÖ-Chef Karl Schnell im heurigen März schwere Kritik und (folgenlose) Rücktrittsforderungen einbrachte. Im immer heißer werdenden Nationalratwahlkampf wird es von den Freiheitlichen von  Neuem hervorgeholt. Im Sinne einer "Nächstenliebe", wie sie sie meinen. (derStandard.at, 24.8.2013)