Erfolgreicher Jongleur zwischen E und U: Michael Schottenberg, 61.

Foto: Volkstheater / Gabriela Brandenstein

Wien - Volkstheater-Direktor Michael Schottenberg hat am Freitag bekanntgegeben, dass er keine Verlängerung seines am 31. August 2015 endenden Vertrags anstrebt.

"Mein Entschluss steht seit längerem fest", erklärte Schottenberg. "Zehn Jahre sind eine ausreichend gute Zeit, wesentliche künstlerische Ziele umzusetzen. Ich habe das Volkstheater als DAS Stadttheater von Wien positioniert, das in seiner Themenvielfalt, seiner Kompetenz und seinem sozialen Anspruch einen festen Stellenwert in dieser Stadt beschreibt. Mein Wunsch, so viele Menschen zu erreichen wie Wien Einwohner hat, hat sich schon am 30. Juni 2013 erfüllt: Insgesamt waren bisher 1,8 Millionen Besucher bei uns im Volkstheater zu Gast."

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny bedauerte den angekündigten Abschied: "Michael Schottenberg hat das Volkstheater in den letzten acht Jahren mit großem Engagement und Erfolg geführt und die Theaterlandschaft Wiens maßgeblich geprägt. Er hat das Theater mit neuen vielfältigen Themen bereichert, insbesondere auch mit interkulturellen Schwerpunkten, und damit auch neue Publikumsschichten gewonnen. Die Stadt kann sich jedoch noch auf zwei weitere Saisonen, die Schottenberg gestaltet, freuen."

Die Volkstheater-Stiftung wird laut Mailath-Pokorny in den nächsten Tagen die Position des künstlerischen Direktors ausschreiben, "so dass rechtzeitig und in einem angemessenen Zeitraum eine geeignete Nachfolge gefunden werden kann".

Fixpunkt 125. Geburtstag

Schottenberg ist seit der Saison 2005/06 künstlerischer Direktor des Wiener Volkstheaters, er folgte damals der von 1988 bis 2005 amtierenden Emmy Werner nach. Derzeit probt er das Stück "Glorious!", dessen österreichische Erstaufführung für 29. September geplant ist. Außerdem wird Schottenberg in dieser Saison noch Büchners "Woyzeck" in der Bearbeitung von Robert Wilson mit Songs und Liedtexten von Tom Waits und Kathleen Brennan sowie Bertolt Brechts "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" inszenieren.

Dass er seinen Vertrag auslaufen lassen werde, sei eine freie Entscheidung gewesen, betonte Schottenberg. "Wir haben alles erreicht, was wir uns vorgenommen haben." Die Kennzahlen des Hauses seien ebenso zufriedenstellend wie die finanzielle Situation: "Uns geht es gut. Es ist ein gut funktionierendes Haus." Bei der Spielplan-Pressekonferenz im Mai hatte das Volkstheater die Auslastung mit 78 Prozent angegeben.

Er habe bei seinem Amtsantritt davon gesprochen, dass das Haus frech und kühn sein solle, dass er neue Regisseure und neue Schauspieler bringen werde und neue Spielräume erschließen wolle, so Schottenberg. "Das hat sich alles bewahrheitet." Er wäre glücklich, wenn die "konkurrenzlose Ost-Schiene", die Bezirks-Tournee und die Spielstätten Hundsturm und Rote Bar auch unter der nächsten Direktion fortgeführt würden: "Es soll ein unverwechselbares Haus im Herzen Wiens sein - was es jetzt ist".

Für seine zehnte und letzte Saison habe er noch keine konkreten Pläne, ein Fixpunkt werde allerdings der 125. Geburtstag des Hauses sein, den man im September 2014 zum Saisonauftakt groß feiern werde. Er selbst werde sich nach Beendigung seiner Direktion "sicher nicht für ein Stadttheater bewerben", denn: "Was gibt es Schöneres als ein so großes Haus in Wien leiten zu dürfen?"

Zudem habe er mit der Bürde der Verantwortung mitunter durchaus zu kämpfen gehabt. "Wir haben in dieser Saison das Motto 'Macht'. Die Macht meiner Position anzunehmen und nicht nur Ermöglicher, sondern auch Arbeitgeber zu sein, der auch Nein sagen muss, das war für mich immer wieder schwierig. Ich werde froh sein, wenn diese Macht, oder besser: diese Verantwortung, von mir abfällt und ich wieder ein 'normaler' Mensch, Künstler und Regisseur sein darf." (APA, 23.8.2013)