Kim Gordon und Bill Nace und ihr neues Freistil-Lärmprojekt Body/Head.

 

 

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BODY/HEAD
Coming Apart (Matador)
Kim Gordon besinnt sich nach dem Ende ihrer Ehe mit Thurston Moore 2011 und damit auch dem sehr wahrscheinlichen Ende ihrer gemeinsamen Band Sonic Youth derzeit nicht nur auf ihre Wurzeln in der Bildenden Kunst. Gemeinsam mit dem aus der Experimentalszene kommenden Gitarristen Bill Nace wird nun auch wieder kräftig musikalische Wurzelkunde betrieben. Mit zwei durch diverse Effektgeräte verfremdeten Gitarren, die nicht immer regulär gespielt werden müssen und der kräftigen Altstimme Kim Gordons geht es zurück in die Formen und Strukturen sprengende, allerdings sehr kurzlebige No-Wave-Szene Manhattans Ende der 1970er-Jahre.

Einmal mehr offenbart sich, dass freie Musik noch freier wird, wenn man den übermächtigen Druck des meist im Viervierteltakt marschierenden Schlagzeugs weglässt und dafür lieber entlang locker gespannter Halteseile mäandert. Es kracht, es fiept, die Gitarren klingen teilweise wie elektrisch verstärkte Eierschneider. Die Verstärker brummen und senden Störgeräusche, die Kabel haben Wackelkontakt. Das klingt mitunter sehr nostalgisch, beziehungsweise wie Sonic Youth, wenn der Schlagzeuger es nicht geschafft hat, zu einer Bandprobe zu erscheinen.

Allerdings ist diese Arbeit von Kim Gordon allemal spannender als das gegenwärtige Schaffen ihrer ehemaligen Kollegen bei Sonic Youth. Thurston Moore macht mit Chelsea Light Moving einfach weiter mit Sonic Youth, allerdings sehr routiniert und bieder. Lee Ranaldo, der zweite Gitarrist, hinterlässt das Publikum mit dem Soloalbum Between The Times And The Tides und seiner Verehrung des drogengeschwängerten Hippierocks der 1960er- und 1970er-Jahre von Bands wie Grateful Dead eher ratlos.

FACTORY FLOOR
Factory Floor (DFA)
Das Londoner Trio führt nach einigen heftig gefeierten Underground-Singles nun auf dem Debütalbum, das beim schicken New Yorker Label Death From Above Records erscheint und sich im Besitz James Murphys von LCD Soundsystem befindet, den einmal gewählten Ansatz gnadenlos weiter. Electronic Body Music aus den 1980er-Jahren wird mit Detroit Techno kurzgeschlossen und dies auf eine raue, harsche Weise.

Die Band ist somit das genaue Gegenteil von Kim Gordons Ansatz, wenn auch der "unterkühlte", beinahe emotionslose Gesang der Nic Voids ein ähnlicher ist. Factory Floors Musik steht ganz im Zeichen der gnadenlosen Repetition. Das jeweils eingangs pumpende Elektroriff wird über bis zu neun Minuten dasselbe bleiben. Die gerade wiederentdeckten britischen Cabaret Voltaire haben vor 30 Jahren einmal ähnliche Musik produziert. Deren Richard H. Kirk hat auch schon eine Remix-Arbeit für Factory Floor erledigt.

Gern berufen sich die zwei Herren und eine Dame auch auf alte Industrial-Helden wie Throbbing Gristle, die 1981 einst mit dem Track Discipline das Genre nachdrücklich geprägt haben. Deutsch-Amerikanische Freundschaft und Nitzer Ebb wären weitere Referenzen. Man muss sich diese kräftige alte Männermusik halt nur ohne Schweiß und Gefühl und Muckibudenmuskel vorstellen.

ZOLA JESUS
Versions (Sacred Bones)
Die US-Amerikanerin Nika Roza Danilova alias Zola Jesus wurde als im klassischen Gesangsfach wildernde Gothic-Diva bekannt, die sich natürlich auch auf Throbbing Gristle beruft, aber dann doch nur pathetischen, mit viel zu vielen Weltschmerzschablonen vollgeräumten Elektropop in der Schule der frühen 1980er-Jahre produziert.

Hier klingt das Ganze ohne elektrische Gerätschaft, dafür mit klassischem Kammermusikensemble zwar noch weniger aufregend als das ohnehin schon als Abziehbild auftretende Original. Dank der Arrangements des seit den 1980er-Jahren einschlägig bekannten Jim Thirlwell (Scraping Foetus Off The Wheel, Wiseblood etc.) kann man den Liedern aber nun eine gewisse in der Schönheit leidende Relevanz nicht absprechen. (Christian Schachinger, Rondo, 23.8.2013)