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Der 15-jährige Rafulla gab vor Gericht an, seit dem Massaker unter Alpträumen zu leiden.

Foto: REUTERS/Peter Millet

Mitten in der Nacht schlich sich Unteroffizier Robert Bales in ein afghanisches Dorf in der südöstlichen Provinz Kandahar und ermordete 16 Einwohner. Warum, wisse er selbst nicht mehr, sagt er heute. Nun soll ein Militärgericht über das Strafmaß befinden, seit Dienstag sagen vor einem US-Militärgericht eigens aus Afghanistan eingeflogene Überlebende des Massakers im März 2012 aus.

Der 15-jährige Rafulla brach vor Gericht in Tränen aus, als er erzählte, wie Bales seine Großmutter tötete, seine Schwester schwer verletzte und ihm selbst in die Beine schoss.

Eine aus sechs Militärangehörigen bestehende Jury soll über die Höhe der Strafe für den Unteroffizier entscheiden. Das Ausmaß reicht von lebenslanger Haft bis zur Möglichkeit, nach 20 Jahren auf Bewährung entlassen zu werden.

Neun Kinder getötet

Der heute 40 Jahre alte Unteroffizier (Staff Sergeant) hatte sich im Juni schuldig bekannt, am Morgen des 12. März 2012 in der Provinz Kandahar in einer Nacht 16 Menschen erschossen und sechs weitere verletzt zu haben. Unter den Opfern waren neun Kinder. Elf der Toten stammen aus einer Familie. Nach dem Blutbad verbrannte Bales die Leichen der Opfer. Mit dem Geständnis vermied der Amerikaner einen Prozess, in dem ihm die Todesstrafe gedroht hätte.

Die Anhörung auf dem Stützpunkt Fort Lewis-McChord dürfte mehrere Tage dauern. Bales - er hatte bereits zwei Irak-Einsätze hinter sich und gehörte einer sogenannten Stryker-Brigade der 2. US-Infanteriedivision an - hatte sich in der Nacht zum 12. März 2012 aus seinem Militärstützpunkt geschlichen und dann in einem nahe gelegenen Dorf in Häusern auf Bewohner geschossen. Viele von ihnen lagen im Schlaf.

Kopfverletzung

Im Zuge des Verfahrens gab Bales an, am posttraumatischen Stresssyndrom und den Folgen einer Kopfverletzung zu leiden und vor dem Massaker Alkohol und Anti-Malaria-Tabletten zu sich genommen zu haben. Außerdem war er laut Zeugenaussagen empört über einen Bombenanschlag, bei dem ein Kamerad kurz zuvor beide Beine verloren hatte.

Bales gibt an, sich nur noch bruchstückhaft an die Ereignisse erinnern zu können. Er habe sich bereits eine Million Mal gefragt, warum er diese Menschen getötet habe, sagte der Angeklagte auf eine Frage des Richters: "Es gibt keinen vernünftigen Grund auf dieser Welt, warum ich diese schrecklichen Dinge getan habe."

Die Anklage will beweisen, dass der Unteroffizier bereits zuvor Disziplinarverstöße begangen habe. Außerdem wurde im Gerichtssaal die Aufnahme eines Telefonats zwischen Bales und seiner Ehefrau vorgespielt, in dem er lauthals darüber lacht, dass ein Anklagepunkt fallengelassen wurde. Das Verfahren wird noch zumindest eine Woche dauern. (red, derStandard.at, 21.8.2013)