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David Gandy für Dolce & Gabbana auf dem Laufsteg.

Foto: ap/Luca bruno

Weißer Slip, gespreizte Beine: Die Werbekampagne für das Parfüm "Light Blue" von Dolce & Gabbana machte David Gandy 2006 schlagartig bekannt. Hier ein Making-of-Bild aus der aktuellen Light-Blue-Kampagne.

Foto: Mario Testino/Dolce & Gabbana

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Foto: Corbis/Jason Webber/Splash News

STANDARD: Haben Sie immer gewusst, dass Sie gut ausschauen?

Gandy: Im Gegenteil. Als ich anfing zu modeln, sah ich komplett anders aus als die anderen. Die anderen Jungs waren dünn und hatten einen androgynen Körperbau.

STANDARD: Das war vor dreizehn Jahren.

Gandy: Ja, die klassischen, gut aussehenden Typen, die Art Männer, wie man sie aus der Levi's-Werbung kennt, die waren damals nicht gefragt, diese Bruce-Weber- Typen.

STANDARD: Sie waren damals schon sehr muskulös. War das ein Handicap?

Gandy: So breit wie heute war ich damals nicht. Aber ich habe immer viel Sport gemacht, habe Rugby an der Uni gespielt. Ich hätte unmöglich in einen dieser schmalen Anzüge gepasst. Ich wurde für viele Kataloge fotografiert, habe jede Menge Geld verdient, mit Topkreativen habe ich damals aber nicht gearbeitet.

STANDARD: Katalogshootings sind in der Branche nicht wirklich angesehen. Hat Sie das gestört?

Gandy: Dort verdient man das Geld. Die meisten glauben ja, wenn man für ein tolles Magazin oder für eine Werbekampagne fotografiert wird, verdiene man viel Geld. Das stimmt leider nicht mehr. In Katalogjobs liegt das Geld. Nach ein paar Jahren war mir aber klar, wenn ich das weiterhin machen muss, dann schmeiße ich den Job. Ich wollte mit den Besten arbeiten und nicht mit den Zweitbesten.

STANDARD: Kann man diese Entscheidung wirklich selbst treffen?

Gandy: Man muss sie treffen. Meine Agentur dachte zwar, ich sei verrückt, hat mich aber unterstützt. Ich habe von einem Tag auf den nächsten alle bisherigen Kunden abgelehnt, das war keine ganz einfache Situation. Man fängt dann mit prestigeträchtigen, aber unbezahlten Jobs an und versucht sich langsam einen Namen aufzubauen.

STANDARD: In Ihrem Fall ging das recht schnell. Als Sie 2006 für die erste Kampagne für das Parfüm Light Blue fotografiert wurden, gelang Ihnen von einem Tag auf den anderen der Durchbruch.

Gandy: Aus heutiger Sicht stimmt das. Aber wenn ich zu diesem Zeitpunkt nicht schon einige Modestrecken mit Laurence Thomason geschossen hätte, dann wäre ich auf einer Party nicht Domenico Dolce und Stefano Gabbana aufgefallen.

"White pants guy"

STANDARD: Anfangs kannte niemand Ihren Namen, Sie galten bloß als der "white pants guy". Hat Sie diese Sexualisierung gestört?

Gandy: Sagen wir so: Sie war mir egal. Als männliches Model sollte man nicht scheu sein, sonst ist man im falschen Job. Viele Werbebilder sind sexualisiert. Wenn man für Calvin Klein modelt, dann gehört es dazu, dass man in einer Unterhose posiert. Gerade diese Unterhosenjobs sind oft der Anfang einer richtig großen Karriere. Denken Sie an das berühmte Bild dieses Levis-Burschen in Unterhosen im Waschsalon, Nick Kamen. Ich bin heute noch stolz auf die White-Blue-Kampagne, sie war revolutionär. Aber es stimmt: Es war gar nicht so einfach, die Zuschreibung "white pants guy" loszuwerden.

STANDARD: Wie haben Sie es geschafft?

Gandy: Ich mache keine Unterhosenwerbungen, und außer in der Light-Blue-Kampagne lasse ich mich kaum in einem sexualisierten Kontext fotografieren. Das ist übrigens manchmal gar nicht so einfach: Wenn du einmal in Unterhosen fotografiert wurdest oder dein Top ausgezogen hat, und es hat funktioniert, dann will man dich immer wieder so sehen. Die Fantasie der Branche ist da leider oft sehr beschränkt. Ich ziehe mich nicht für jeden aus. Ansonsten wäre das ziemlich langweilig.

STANDARD: Sie haben gesagt, die Kampagne von 2006 war revolutionär. Was ist an einem Mann, der mit gespreizten Beinen in einem Boot liegt, revolutionär?

Gandy: Der Punkt war, dass plötzlich wieder ein Mann in der Werbung auftauchte, kein Bub. Der Erfolg hat die gesamte Branche umgekrempelt, erst zeigte Dolce & Gabbana mich in der Parfümwerbung, dann kam David Beckham, der sich für Armani in Unterhosen fotografieren ließ. Und alle diese Kampagnen waren äußerst erfolgreich.

STANDARD: Sie sind eines der wenigen männlichen Supermodels, die mit ihrem Job richtig viel Geld verdienen. Warum gibt es im Unterschied zu weiblichen Models davon so wenige?

Gandy: Die Lohnschere zu den weiblichen Supermodels wird zwar kleiner, sie ist aber immer noch riesig. Das Problem ist, dass wenige Männer wirklich versucht haben, an die Spitze zu kommen. Ich sage immer: Es ist wichtiger, zu was du Nein sagst, als zu was du Ja sagst. In meinem Fall ist es so, dass ich nicht einen Tag für die eine Marke und am nächsten für die andere arbeite. Ich arbeite exklusiv mit Marken wie Dolce & Gabbana, mit Lucky-Jeans oder Jaguar.

"Der Männermarkt ist viel limitierter"

STANDARD: Trotzdem: Warum ist kaum ein Männermodel in der Öffentlichkeit bekannt?

Gandy: Weil der Modemarkt für Frauen wesentlich größer ist als jener für Männer, dort viel mehr Geld zu holen ist. Es gibt auch wesentlich mehr Produkte, für die man Werbung machen kann: Lippenstifte, Make-up, Anti-Aging-Cremen. Der Männermarkt ist da viel limitierter, derzeit ändert sich aber einiges. Ich bin zum Beispiel offizieller Botschafter für die Männermodewoche in London. Ich hoffe, dass ich auch für andere Models ein Vorbild sein kann und sie sich sagen: David Gandy hat das geschafft, warum nicht ich auch?

STANDARD: Modeling wird von vielen Männern nicht als Job, sondern eher als Hobby angesehen. Ist das ein Problem?

Gandy: Sie glauben einfach nicht daran, dass sie damit genug Geld verdienen können. Sie sehen es eher als Zwischenstufe an, widmen sich dann der Schauspielerei oder auch ganz etwas anderem. Man muss aber auch sagen, dass Modeln ein gutes Sprungbrett ist. Ich selbst habe zum Beispiel eine Kolumne im "GQ", schreibe in der "Vogue", für den "Telegraph" und habe drei Charitys. Das alles wäre nicht möglich, wenn ich nicht als Model sehr präsent wäre. Im vergangenen Jahr war ich auf 23 Titelblättern zu sehen.

STANDARD: Bekommen Sie eigentlich mehr Zuspruch von Männern oder Frauen?

Gandy: Das Gute ist, dass beide Geschlechter positiv auf mich reagieren. Ob Großmütter oder junge Frauen, hetero- oder homosexuelle Männer, ich scheine für viele Menschen als Werbegesicht zu funktionieren.

STANDARD: Diese Antwort hätte auch Ihr Manager geben können.

Gandy: Aber ich habe keinen Manager! Ich bin mein eigener Chef, besitze drei Firmen. Das Produkt bin immer ich. Wir füttern täglich die sozialen Netzwerke, hunderttausende Fans verfolgen meine Aktivitäten rund um den Globus. Ich werde um Autogramme und um Fotos gefragt.

STANDARD: Letzte Frage. Die Karriere von Models ist meist zeitlich begrenzt. Wie lange wird Ihre Karriere noch weitergehen?

Gandy: Ist die Karriere von Kate Moss zu Ende? Von Naomi Campbell? Von Christy Turlington? Nein, ist sie nicht. Ich bin erst 33; wenn man clever ist und seine Strategie dem Markt anpasst, dann kann man weit über dieses Alter hinaus erfolgreich sein. Und das werde ich auch versuchen. (Stefan Hilpold, Rondo, DER STANDARD, 23.8.2013)