Nun scheint es also relativ sicher, dass die vom Agrarkonzern Monsanto vertriebene Maissorte SmartStax bald auch in der EU angepflanzt werden darf. Bei SmartStax handelt es sich um einen besonders umstrittenen Fall der Zulassung von gentechnisch verändertem Saatgut, denn die neue Sorte - die in den USA bereits seit 2011 angebaut wird - ging aus zwei bereits gentechnisch veränderten Sorten hervor und die aus der Saat gewachsene Pflanze kann unter anderem selbst Gifte gegen bestimmte Schädlinge produzieren.

Verschiedene Fronten

Die meisten GegnerInnen und KritikerInnen halten SmartStax für gefährlich, da keine Langzeitstudien über seine Veträglichkeit als Tierfutter oder die Folgen des Verzehrs von daraus gewonnenem Fleisch oder des Mais selbst durch Menschen existieren. Die BefürworterInnen halten Kurzzeitstudien und auch Langzeitstudien zu den beiden Elternkreationen dagegen. Und so war seit Monsantos Antrag auf Zulassung von SmartStax eine weitere Schlacht im schon lange andauernden Krieg zwischen LobbyistInnen der Agrarindustrie und jenen der GentechnikgegnerInnen entbrannt, in der es wie immer um die Eroberung von Stimmen in der EU Verwaltung ging. Nun, die Agrarindustrie hatte offenbar wieder einmal den längeren (finanziellen) Atem. Das verwundert kaum, scheinen sich EU Agrarverwaltung und Industrie schon lange sehr nahe zu stehen.

Nur Monsanto profitiert

Was jedoch verwundert, ist das Fehlen sozio-ökonomischer Argumente in der Debatte. Denn hauptsächlich geht es - die Frage nach der gesundheitlichen und umweltbezogenen Gefahr einmal außen vor gelassen - darum, mehr Mais mit geringerem Aufwand zu produzieren. Das mag sich durchwegs positiv anhören, doch bei genauerem Hinsehen ist zu erkennen, dass dies nur Monsanto (und den assoziierten Firmen) Vorteile bringen kann.

Vor allem geht es um Gewinnmaximierung und Risikoentlastung für die Agrarindustrie. Das Gros an gentechnisch verändertem Saatgut muss für jede Aussaat neu angekauft werden, denn die Pflanze ist sozusagen unfruchtbar. Und das kommt Konzernen wie Monsanto natürlich entgegen und nur dieser Umstand rechtfertigt die immensen Entwicklungskosten und den hohen finanziellen Aufwand im Lobbying um die Zulassung.

LandwirtInnen in Abhängigkeit

Auch wenn die Verwendung von solchem Saatgut sicherlich nicht dazu führen wird, dass die fortpflanzungsfähigen Sorten aus Europa verschwinden, sind die Gefahren offensichtlich: LandwirtInnen begeben sich in immer stärkere Abhängigkeit des Weltmarktpreises für Saatgut, die Möglichkeit zur Nahrungsmittelselbstversorgung sinkt in der gesamten EU und so steigt auch die (zugegeben selbst dann noch relativ geringe) Wahrscheinlichkeit einer Nahrungsmittelknappheit. Finanziell würden vor allem die SubventionsgeberInnen in starke Bedrängnis geraten, wenn die Weltmarktpreise für Saatgut steigen. Das Risiko im Profitstreben von Monsanto und Co wird also am Ende hauptsächlich von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union getragen.

Aus diesen Umständen könnte also geschlossen werden, dass private Konzerne durch gentechnische Manipulation von Saatgut eine öffentliche Domäne in der EU für sich einnehmen; indem sie die Nahrungsmittelsicherheit vom Kauf ihrer gentechnisch manipulierten Produkte abhängig machen manipulieren sie Europäische Politik. Wenn die EntscheidungsträgerInnen der Europäischen Union tatsächlich informierte Entscheidungen treffen wollten, dann wäre es in Zukunft wohl ratsam, zusätzlich zu Gesundheits- und Umweltverträglichkeitsstudien auch die generelle gesellschaftliche Verträglichkeit der Zulassung solcher Produkte zu prüfen. (Stephan Hochleithner, derStandard.at, 16.8.2013)