Christian Petz serviert auf dem Badeschiff seit einigen Tagen den Averna Pfiff und verwendet dafür das geschmacksarme Peroni.

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Im Sommer, sagt das eine Vorurteil, mag man es gerne leicht - was beim Bier bedeutet: mit wenig von Malz und Hopfen geprägter Charakteristik - Corona Extra etwa gilt wegen seiner hohen Drinkability bei gering ausgeprägtem Flavor-Profil als typisches sommerliches Erfrischungsgetränk. Und es hat weltweit viele Nachahmer, wobei Ausnahmen (alkoholreiche Stouts in heißen Ländern der Karibik und des pazifischen Raums) die Regel eher bestätigen. In unseren Breiten trinkt man halt Biermischgetränke, die sind im Alkoholgehalt noch leichter als das Corona, und sie schmecken üblicherweise noch weniger nach Bier.

Zweites Vorurteil: Der Erfolg von Biermischgetränken basiert genau darauf, dass Radler & Co eben kaum nach Bier schmecken, sondern nach den künstlichen Aromen, die (verdünnt mit viel karbonisiertem Wasser) dem Bier zugesetzt werden. Es gibt halt Leute, die den Biergeschmack, wie ihn der Bierliebhaber mag, nicht so gerne haben. Vor allem ist es die Bittere: Marktforschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Massengeschmack seit Jahrzehnten süßen Geschmäckern, auf die die Baby-Boomer von Kindesbeinen an konditioniert waren, den Vorzug gegenüber bitteren Eindrücken gibt, zumal die Bittere in der deutschen Sprache besonders negativ konnotiert ist - denkt man doch gleich an bittere Armut, bittere Kälte, bittere Enttäuschung. Vor allem Frauen hätten eine Aversion gegen Bittere, lautet die in der Bierbranche weitverbreitete Annahme.

Averna Pfiff - fruchtig, süß und herb

Und dann das: Im Holy Moly, dem Restaurant auf dem Wiener Badeschiff, wird seit einigen Tagen der Averna Pfiff angeboten, ein bitterer Longdrink, der vor allem von Damen begeistert angenommen wird. Basis ist ein helles Bier (im Holy Moly nimmt Chef Christian Petz das tatsächlich sehr geschmacksarme Peroni), dem der sizilianische Amaro Averna zugesetzt wird. Der Averna ist die edlere Form eines Kräuterbitters - 70 verschiedene Kräuter, Wurzeln und (Zitrusfrucht-)Schalen sollen darin enthalten sein, zudem Zucker und 29 Prozent Alkohol. Der Effekt ist genau das Gegenteil von dem, was gängigen Vorurteilen zufolge ein passender Sommerdrink wäre: Das Mischgetränk ist stärker als das Basisbier und es ist erheblich bitterer. Immerhin: Es duftet nach Orangen, hat eine erfrischende Bittere und bringt eine angenehme Balance aus fruchtiger Säure, leichter Süße und einem herben Finish.

Alle Vorurteile widerlegt. (Conrad Seidl, Rondo, DER STANDARD, 16.8.2013)