Die Kampagnen haben begonnen, und man kann sich ein erstes Bild machen. Des Kanzlers Motto scheint zu sein: so emotionslos, so massenwirksam, so unverbindlich wie möglich. Das reicht vermutlich auch, um im Herbst wieder stimmenstärkste Partei zu werden. Die SPÖ Wahlkampf-Lokomotive tuckert bisher fehlerfrei durch einen wenig kreativen Wahlkampf.

Im Gastgarten eines Wiener Innenstadtlokals wurden die Sujets, wie man beobachten konnte, noch dem Krone-Innenpolitikchef Claus Pándi zur Begutachtung vorgelegt. Von Angela Merkel könnte man dazu in Sachen Stil etwas lernen. Die deutsche Bundeskanzlerin präsentierte nämlich ebenfalls vorab ihre Werbelinie. Aber eben nicht nur einem Boulevardblatt, sondern unter anderen auch Chefredakteuren anspruchsvollerer Zeitungen. Der SPÖ-Chef übernimmt ja auch sonst gerne Merkels Positionen, vielleicht besteht also hier noch Hoffnung.

Obwohl die ÖVP ein recht erfolgreiches erstes Halbjahr hinter sich hat, legt sie im beginnenden Wahlkampf eine Pech- und Pannenserie hin. Zuerst schoss Michael Spindelegger der Wiener ÖVP mit seiner Hinterbrühler Gemeindewohnung deren Kampagne ab, dann kamen Mikl-Leitners Schlepperfantasien, und Maria Fekter sorgte mit einer Studie ohne Autor für negative Aufmerksamkeit. Zuletzt erklärte Michael Spindelegger noch, dass er sich eine Reformregierung wünscht.

Wo sind die Weltoffenen?

Nur zur Erinnerung: Die ÖVP sitzt seit 1986 in jeder Regierung. Da hilft es auch nicht, auf Biegen und Brechen am Image des ÖVP-Obmanns zu drehen. Die jetzt plakatierten Panoramabilder sind schön, aber man fragt sich, wo denn die ÖVP all diese Optimisten und Tatkräftigen versteckt. Wo sind die Entdecker und Weltoffenen? Die ÖVP-Kampagne verfehlt nicht nur die Mentalität der eigenen Funktionärsschaft, sie schrammt auch an der Grundhaltung des Landes vorbei.

Sicherheitsdenken und Planbarkeit dominieren bei uns das Geschehen. Die mutigeren und tatkräftigeren Bürgerlichen sind wahrscheinlich bereits zu den Neos abgewandert.

Und die Opposition? Herbert Kickl freut sich derzeit, dass vor lauter Nächstenliebe und Kuscheln alle Erwartungen eines besonders brutalen FPÖ-Wahlkampfs enttäuscht worden sind. Das sei ihm vergönnt, man fragt sich aber, womit er dann seine Stammwähler mobilisieren will. Ich vermute, da kommt noch etwas.

Die Grünen haben nach drei Jahrzehnten die Vorteile eines professionellen Kampagnenmanagements für sich entdeckt. Sie setzten das in den Landtagswahlen etablierte Corporate Design mit frechen Plakaten fort, den Kernbotschaften blieben sie treu. Selbst den ihnen bis dato unbekannten Hang zur Selbstironie führten sie zaghaft ein.

Beim Team Stronach sorgte vor allem der dritte Listenplatz für Ex-ORF-Generaldirektorin Monika Lindner für Aufregung. Stronachs Ex-Berater Rudi Fußi stellte dazu auf Twitter die Vermutung in den Raum, dass Frank Stronach sie eigentlich mit Edith Klinger verwechselt hat.

Haben wir im Herbst also mit großen Umstürzen zu rechnen? Nein. SPÖ und ÖVP sind intellektuell und personell ausgeblutet. Solange Wegducken und Aussitzen als Haltung ihren - und unseren - Alltag prägen, wird sich daran wenig ändern.

Aber aus der Bürgergesellschaft kommt zunehmend Druck. Zuletzt zeigte die Kampagne von Hubert Sickinger und Josef Barth, wie viel Aufmerksamkeit sich zum Thema Transparenz gewinnen lässt. Niki Kowall vom SPÖ-Rebellentrupp Sektion 8 bewies jüngst, dass er sich nicht von einem möglichen NR-Ticket als Karotte vor der Nase locken lässt. Mathias Strolz warf sich mit viel Sendungsbewusstsein in die Schlacht und brachte Bewegung ins liberal-bürgerliche Spektrum.

Und der große Rest der Unzufriedenen? Wird ein wenig mehr leisten müssen, als bei einem Facebook-Kommentar auf den Like-Button zu drücken. (Christina Aumayr, DER STANDARD, 16.8.2013)