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Erfolgserlebnisse sollen sich in realen Situationen einstellen - Hier wird denn auch geübt

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Bei den Seminaren von Dale Carnegie geht´s auch sehr lustig zu

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Wien - Es war einmal ein bitterarmer Bauernbub im Süden der USA, der davon träumte, reich und beliebt und berühmt und erfolgreich und glücklich zu werden. No na, was sonst soll er tun? Das Schöne an diesem Märchen ist aber, dass es der Bub, Dale Carnegie, geschafft hat. Und dass er sein Wissen weitergab. Nicht wie man reich wird - die nach ihm benannten Trainings hat er ja schon selber erfunden -, aber wie jeder beliebt und erfolgreich und glücklich werden kann. Amerikanische "Kochrezepte" zum Glücklichwerden, blauäugiger Jubelpatriotismus, Schönreden der Realität? Das ist nichts für das alte Europa! So denken wahrscheinlich viele, die vom Dale-Carnegie-Kurs hören. Diese Beurteilung stimmt aber nicht, dazu hat Carnegie selbst wohl zu viel Lehrgeld gezahlt, zu viele Enttäuschungen und Rückschläge erlebt. Und dazu sind die Trainings viel zu flexibel und zu offen.

Was lernt nun der Seminarteilnehmer an den zwölf Abenden? Eigentlich nichts, was er nicht schon wissen könnte. Selbstverständlichkeiten wie die, dass Kritisieren alleine nicht viel bewirkt, dass es Erfolg versprechender ist, mit Lob statt mit Tadel zu arbeiten, dass Freundlichkeit und Zuhören mehr bringen, dass es hilft, die Beweggründe des anderen zu verstehen und darauf einzugehen, dass es sinnlos ist, verlorenen Chancen nachzutrauern, dass Sorgen meist kontraproduktiv sind, dass man im Hier und Jetzt lebt und nur im Hier und Jetzt etwas ändern kann.

Freud' an der Sach'

All die Dinge also, wie wir irgendwann gelernt und allesamt wieder vergessen haben. Gesunder Menschenverstand, Ehrlichkeit, Toleranz, Rücksicht, Manieren und so - schon längst von der rasanten Entwicklung in Wirtschaft, Wissenschaft und Technik hinweggefegt. Aber die Evolution läuft viel langsamer als die Technik. Daher gelten diese scheinbar längst überholten Weisheiten für den Menschen immer noch. Computer und Börsenkurse kann man anbrüllen, ohne dass die reagieren (obwohl???), Menschen mögen das immer noch nicht; Freud' an der Sach' oder Lob motivieren mehr als Geld ohne Anerkennung.

Das alles wird in den Dale-Carnegie-Kursen gelehrt, ohne erhobenen Zeigefinger, ohne Heilsversprechen. Sondern ganz einfach nach dem Grundsatz: "Wir haben da ein paar Verhaltensregeln, die sich in Hunderttausenden Trainings herauskristallisiert und bewährt haben. Nimm dir jetzt eine konkrete Situation in deinem Leben, die dir nicht so gefällt, probier aus, was wir da anzubieten haben, und erzähl uns dann, wie es dir dabei ergangen ist." Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Konkretes Ausprobieren in konkreten Lebenssituationen

Jeder Teilnehmer wird damit zum Handeln verführt, zum konkreten Ausprobieren in konkreten Lebenssituationen - kompetent unterstützt vom Trainer und den Assistenten. Und erfährt im Schnitt, dass es im Großen und Ganzen funktioniert. An sich selber und an den "Mitschülern", denn jeder ist angehalten, im Training von seinen Erfahrungen zu berichten, egal ob positiv oder nicht.

In der vertrauten Gruppe können eigene Grenzen ausgedehnt, kann experimentiert werden. Und jeder Einzelne erfährt, dass eigentlich im Grunde genommen gar nichts passieren kann. Klar gelingt nicht immer alles. Na und? Geht deswegen die Welt unter? Meist wohl eher nicht.

Daher vermitteln die Trainings Bildung, so wie sie John G. Hibben, ehemaliger Rektor der Elite-Universität Princeton, sieht: "Bildung ist die Fähigkeit, sich in jeder Lebenslage zu bewähren." Oder, wie Dale Carnegie mit dem Titel eines seiner Bücher vorschlägt: "Sorge dich nicht - lebe!" Und wenn es Zeit ist, sich Sorgen zu machen, dann "sorge dich nicht - handle!". (Gertraud Schneider, DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.7.2003)