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Andreas Meier REUTERS
Salzburg - Sitzt man, wieder einmal und dann auch noch mehr und mehr von Staunen ergriffen, in einer der sommerlich hoch temperierten Reihen des Mozarteums, so scheint die italienische Mezzosopranistin Cecilia Bartoli in den erregendsten, aufgeregtesten Momenten ihrer barocken Darbietungskunst nicht eigentlich zu singen.

Vielmehr mutet es dem Lauschenden und von harschen Begebenheiten schier überschwemmten Konzertgast an, als werde dieses Medium alter, freilich unverwüstlicher Musik von all diesen vokaltrunkenen Autoren gleichsam posthum durchsungen. In den Tagen der Kastratenvirtuosität hatten sie ja nichts unversucht gelassen, ihre Interpreten in Tränen und in bestialischer Wut durch alle Fegefeuer des Melodischen und der Koloratur zu schicken.

Kostbarkeiten

Kaum je wird man im Musikbetrieb der letzten Jahrzehnte eine Sängerin erlebt haben, die den öffentlichen, also hochriskanten Gesang in solchem Maße als die wohl für sie einzig wahre Daseinsform vermittelt hat, an keine der bedeutenden Mezzosportlerinnen mag man sich erinnern, die sich so vehement für die vergessenen Kleinigkeiten, für die unterschätzten Opernkostbarkeiten Vivaldis, ja insgesamt für das italienische Barockwesen eingesetzt haben wie dieses leibhaftige Vademecum für gute, geistvolle Laune.

Gewitter und Sturm

Cecilia Bartoli hatte für ihren "Liederabend" mit Werken von Frescobaldi, Strozzi, Calestani, d'India, Landi, Milanuzzi, Monteverdi, Broschi und - als Schwer- und finaler Glanzpunkt - mit Kantaten und Arien von Vivaldi ein kleines, liebenswert intonierendes, bald orchestral, bald kammermusikalisch eingesetztes Ensemble mitgebracht.

Es hört auf den Namen "Le Musiche Nove". Dieses Oktett weiß zu färben und im rechten Moment auch für Gewitter und Sturm zu sorgen, im duettierenden Einzelfall mag es immerhin erlaubt sein, einmal zu fragen, warum auf der langhalsigen Theorbe, bzw. auf der schmächtigen Gitarre unter solchen musikalischen Umständen so extrem zurückhaltend, säuselnd hantiert wird, zumal bei einer Vokalistin, die jede Chance des furiosen Kehlenzugriffs nutzt.

Gleichwohl: Zu Recht bejubelt wurde ein packender, beglückender Abend dieser Königin der musikbegeisterten Herzen, der so manches aufwiegt, was auf der Opernbühne redselig und mit ungleich höheren Kosten angekündigt wird. (Peter Cossé/DER STANDARD; Printausgabe, 31.07.2003)