Auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin - Ende August 1963 - hat alles begonnen: Der niederländische Technikkonzern Philips stellte sein "sprechendes Notizbuch" vor, das den Vinyl-geprägten Musikkonsum innerhalb eines Jahrzehnts gehörig auf den Kopf stellte.

Doch der Reihe nach: Ursprünglich war der schuhkartongroße Kasten als robuste und praktische Alternative zum teuren Tonbandgerät gedacht, der das umständliche Einfädeln des Magnetbandes zu einer antiquierten Mühsal verdammten sollte, Bandsalat inklusive.

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Doch es sollte ganz anders kommen: Musikfreunde nutzten den handlichen "Taschen-Rekorder EL 3300" weniger für das berufsalltägliche Diktat, sondern vielmehr für das Aufnehmen und Kopieren von Radiosendungen sowie Schallplatten. Deshalb produzierten Plattenlabels ab 1965 auch bespielte Musikkassetten, Bandsalat inklusive.

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1979 folgte die nächste Zäsur: Sony brachten den ersten "Walkman" auf den Markt. Die Individualisierung des Musikkonsums hatte laufen gelernt und joggte sich fortan durch Straßen und Gassen, zumindest im urbanen Raum. Die Hitparade wurde mobil und das Leben zum Catwalk mit selbstgebasteltem Soundtrack.

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Mixtapes avancierten zur eigenständigen Kunst- und Kommunikationsform, für viele sogar zum modernen Liebesbrief. So wurden in den absatzstärksten Jahren 1990 und 1991 in Österreich jährlich mehr als 3,4 Millionen Musikkassetten verkauft. 2012 waren es nur mehr rund 2.000 Tonträger.

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In weiten Teilen Afrikas genießt das Magnetband im robusten Plastikgehäuse aber nach wie vor immense Popularität. In der industrialisierten Welt läutete hingegen der Aufstieg von CDs und digitalen Abspielformaten wie MP3 das Ende der Kassetten-Ära ein. Philips, TDK oder Maxell haben mittlerweile die Kassette aus dem Sortiment genommen, vor wenigen Monaten wurde auch die Produktion der letzten Rekorder-Modelle eingestellt.

Totgesagte leben aber bekanntlich länger: So präsentiert sich die Kassette im neuen Stil als Stehlampe,...      

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... Umhängetasche oder...

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... analoge Hülle für das iPhone.

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Einige kleine Musiklabels wollen allerdings am 7. September für eine Renaissance des Magnetbands im Zigarettenschachtelformat sorgen. Nach dem Vorbild des "Record Store Day" werden zahlreiche Musiker, darunter Indiegrößen wie Animal Collective, Efterklang oder Múm, Sondereditionen auf dem analogen Tonträger veröffentlichen.

Das Rieplsche Gesetz, wonach kein Medium stirbt, das sich bewährt hat, scheint wieder einmal bestätigt. - Das zeigten schon die Vinyl-Schallplatte oder das gute alte Buch. Fehlt nur noch die Wiederbelebung der VHS-Kassette. (gueb, derStandard.at, 25.8.2013)

>>> Artikel: Beat und Bandsalat

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