Wie gehabt: Früh raus. Aber statt den Menschen, die mit der U-Bahn am Weg zu Frühschicht sind,...

Foto: thomas rottenberg

... widmen wir uns diesmal zunächst einer anderen Klientel: Die aktuelle Bummbumm-Generation wird gerade aus den Diskotheken ins Licht des anbrechenden Tages gespült.

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Leider erwischt das fast waagrecht in die Mariahilfer Straße hereinblitzende Sonnenlicht keinen der Youngster: Einige von ihnen würden da wohl zerfallen. Oder begännen zu brennen. Irgendwoher muss dieses Vampirfilmdings ja kommen.

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Außerdem wäre ein Blitz eh nur gerecht. Meinetwegen auch ein flammendes Schwert. Oder Fernsehverbot. Wieso? Machen Sie sich nach einer lauen Sommernacht um sechs Uhr früh auf ins MQ - und gönnen Sie sich den Slalom durch Müll, Scherben und alles - wirklich alles - was aus Menschen herauskommt.

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Maria Theresia bewacht von ihrem Denkmal-Thron aus eben nicht nur ihre 14 leiblichen Kinder.

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Beim hofburgseitigen Tor des Volksgartens bin ich der erste, der an den beiden Wachleuten, die den Park öffnen, vorbeihuscht. In eine Sackgasse: Um auf der Burgtheaterseite wieder raus zu können, muss ich eine Warteschleife im Park drehen. Die Herren müssen nämlich erst alle anderen Tore aufmachen. Und eilig haben sie es nicht. Warum auch?

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Nein, diese jungen Herrschaften stellen sich nicht für Stehplatzkarten im Burgtheater an. Ich habe gefragt. Sie fanden das lustig. Sehr lustig. Und luden mich ein, zu bleiben. Danke,  ganz lieb.

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"Die Stadt gehört Dir", werben die Wiener Linien. Um 6 Uhr früh stimmt das: Bis zur nächsten Ampel laufe ich auf der mittleren Fahrspur. Autos gibt es auf diesem Planeten gerade keine.

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Die Stadt ist im Sommer auch ein großer Schlafsaal. Das wäre auch einmal ein Thema. Über die Freiwilligkeit dieser Form City-Campens reden wir ein anderes Mal.

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Zum Gück sind die Flak-Türme das Einzige, was vom "1000-jährigen Reich" zumindest annähernd dieses Alter erreichen wird. Nach dem "Endsieg" hätten sie in Marmor gekleidet werden sollen. Als Monumente der Überlegenheit der deutschen Rasse. Oder so.

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Auf einer Bank mit Blick auf den Geschützturm macht ein älterer Mann mit Bart und Kippa ein kleine Pause. Unter dem Hemd lugen die Fransen seines Tallit (Gebetsschal; Anm.) hervor. Was sein Weg zum Morgengebet, vorbei an den beiden Relikten der Unmenschlichkeit, über die Geschichte der Stadt erzählt, merkt er vermutlich nicht. "Shabbat Shalom", grüße ich. "Das hört man in Wien heute nicht mehr oft", antwortet er. 

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6.40 Uhr. Die Sonne gewinnt an Kraft: Im Schatten bleiben. Trinken. Im Schatten bleiben. Trinken. Im Schatten bleiben...

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Ein Camarro am Straßenrand. Die Afrikanerin am Beifahrersitz gibt dem weißen Schnauzbartträger hinterm Lenkrad Geld: Schichtende. Auch in den Cafés und Lokalen. Ein anderer Planet. Nicht meiner.

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Die Zeit, als der Nordbahnhof eine riesige, abenteuerliche G‘stättn war, ist vorbei. Nicht einmal die ausgebrannten Güterwaggons, die so gut wie jeder Fotograf und Locationscout dieser Stadt irgendwann "exklusiv" entdeckte, sind mehr da. Auch die letzten Schwellen jener Gleise, die zu den Kohleschüttplätzen führten, werden wohl bald verschwunden sein: Von der Stadterweiterung verschluckt - oder vom Gras des Vergessens überwuchert.

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Ich unterstelle dem Wirt der Nordbahnhof-Baustellenkantine nicht die geringste böse Absicht. Und für seinen Vornamen kann keiner was. Trotzdem dreht es mir den Magen um: Vom Nordbahnhof aus wurden ab 1943 Wiens Juden in Vernichtungslager deportiert (davor war der einstige Bahnhof auf den Aspanggründen der Bahnhof in den Tod - nicht ohne Grund hat man dort Gassen und Parks nach jüdischen Opfern und Überlebenden benannt).

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Auf einem Betonsportplatz im Stuwerviertel hängt ein Transparent. "Werde zur Legende". Dass der Wirt dieses Beisl seinen Ruf dort erwarb, bezweifle ich. Vielleicht gehe ich einmal nachfragen. Oder auch nicht.

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Im Wurstelprater gibt es eine Eisgrottenbahn. Angeblich - sagte mir ein Fünfjähriger auf Wienbesuch einst - ist es "da drin urfad". Von außen ist die Idee von Schnee und Eis gerade recht verlockend.

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Punkt sieben Uhr morgens ist auf der Hauptallee Hochbetrieb: Gruppen, Einzelläufer - wie sonst an einem normalen Wochenendnachmittag. Kein Wunder: Das App-Thermometer zeigt jetzt schon 24 Grad an. Zeit, den Sack zuzumachen.

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Die Hauptallee rauf, rund um Lusthauswasser und Mauthnerwasser - und dann zurück. Fertig. Die Sonne steht im Zenit und prügelt unbarmherzig auf die wehrlose Stadt herunter. Das ist natürlich Schwachsinn: Es ist knapp nach acht Uhr früh - und der bis dato wärmste Tag des Jahres hat noch nicht einmal richtig begonnen. (Thomas Rotternberg, derStandard.at, 7.8.2013)

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