Sommerzeit ist Festivalzeit! Auch in Holland reiht sich ein Festival an das nächste. Das North Sea Jazz Festival als Platzhirsch bzw. alter holländischer Hase und die Parade, ein Wanderzirkus der Off-Theater- und Musikszene, lassen auch Pia und mich während meines Besuches in Holland nicht zur Ruhe kommen. Ess-Affinität und Kultur-Interesse scheinen auch in Holland zu korrelieren, denn auf den Festivals sind beide Angebote groß und die Auswahl fällt schwer.

Foto: Bianca Gusenbauer

Lotte Wouters ist Profi in der Festivalküche und sie organisiert seit 2012 mit ihrem Unternehmen "The Food Line Up" Essen für 5.000 bis 25.000 Festivalbesucher. Nicht sie oder ihre MitarbeiterInnen kochen, sondern sie sorgt parallel zum Musik-Line-Up eben für das Food-Line-Up. Authentische Caterer mit nachhaltiger und guter Küche werden von ihr gebucht und sorgen für die notwendige Energieversorgung und interessante Speisen während der Festivals. Durchaus mit Mission, wie Lotte euphorisch erklärt, denn in einem Land mit mehr italienischen Restaurants als lokaler Küche, ist noch viel Luft nach oben.

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Sowohl das künstlerische, als auch das kulinarische Line-Up des Wanderzirkus der Parade war wahrlich beeindruckend und die Laune der Gäste holländisch ausgelassen. Während die meisten Vorstellungen restlos ausverkauft waren, standen die anderen BesucherInnen beim Mini-Ringelspiel für einen Adrenalinkick Schlange.

Foto: Bianca Gusenbauer

Alles Essen, was klebrige Finger verursacht, aber natürlich auch Kroketten und koloniale Speisen dürfen auf einem Festival in Holland auf keinen Fall fehlen.

Foto: Bianca Gusenbauer

Zwischendurch mit einem Bier in der Hand abtanzen oder mitjaulen bei Sarah-Jane, der jungen holländischen Stimmgewalt, die gemeinsam mit einer Trommlerin und einem Gitarristen improvisiert und damit die Masse beeindruckt.

Foto: Bianca Gusenbauer

Gegen akuten Unterzucker, für Nostalgiefans und alle Gummi-Liebhaberinnen bieten die süßen Mädels vom Speck, süß-sauren Gummiteilen bis hin zur heimischen Lakritze die gesamte Palette an Kindheitserinnerungen an.

Foto: Bianca Gusenbauer

Jene, die nach all der Kunst und Aufregung am Ringelspiel einen größeren Zuckerbedarf verspüren, können sich auf einer überdimensional großen Platte selber eine Portion Poffertjes, also holländische Mini-Palatschinken, zubereiten.

Foto: Bianca Gusenbauer

Das North Sea Jazz Festival sollte eigentlich INTERNATIONAL MUSIC AND FOOD Festival lauten, da es hier von Austern bis hin zu ordinär frittierten Minifrühlingsrollen wirklich alles gibt und das Musik Line-Up nur am Rande etwas mit Jazz zu tun hat.

Foto: Bianca Gusenbauer

Die Bezeichnung North Sea im Namen zu verwenden ist auch irreführend, da es zwar in Rotterdam stattfindet, aber von der Nordsee weit und breit nichts zu sehen ist. Im Gegenteil, völlig risikoavers, aber auch verständlich beim häufig schlechten Wetter in Holland, findet das Festival in einem charmefreien Konferenzzentrum statt. Auf 13 unterschiedlich großen Bühnen wird dort parallel Programm geboten.

Foto: Bianca Gusenbauer

Eine Bühne befindet sich an diesem sonnigen Tag glücklicherweise auch tatsächlich außerhalb des Konferenzzentrums und lässt ein bisschen Festivalgefühl aufkommen.

An dieser Bühne wird man jedoch durch die Grill- und Bratgerüche des angrenzenden Essensbereichs abgelenkt, die sich wie ein Schnurrbart ungewollt unter der Nase platzieren und die Magensäfte anregen.

Foto: Bianca Gusenbauer

Ohne Scherz, hier wird wirklich alles angeboten! Running Sushi, Torten, Eis, Galettes, frisch aufgeschnittener Prosciutto, Hering, indonesische Saté, Falafel, Austern, Muscheln, Burger etcetera etcetera.

In drei Tagen erscheint es schlichtweg unmöglich, sich durch das Angebot zu essen. Gemeinsam mit dem Überangebot an Musik und der riesigen Menschenmasse fühle ich mich insgesamt am North Sea Jazz Festival allerdings in jeder Hinsicht latent gestresst.

Foto: Bianca Gusenbauer

Als umweltfreundlich würde ich das North Sea Jazz Festival nicht bezeichnen, auch wenn frisches Obst und Gemüse als Dekoration ein gewisses Ökogefühl vermittelt und über das Fehlen eines Pfandsystems hinwegtäuschen soll.

Denn selbst Bier muss hier aus dünnen Einwegbechern getrunken werden und um einen Becherfriedhof vor den Bühnen zu vermeiden, reinigen Müllbeauftrage in den Pausen den Boden, weil Ordnung muss natürlich sein!

Foto: Bianca Gusenbauer

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(Bianca Gusenbauer, derStandard.at, 12.8.2013)

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