Nicht irgendein, sondern der Mambo Nr. 5 kommt aus den Boxen der kleinen Strandbar, dann natürlich ein gewisser Samba und das unvermeidliche "That's the way". Der Himmel ist noch blau, doch die Sonne schickt sich schon an, langsam im Meer zu versinken, die Menschen sind schön und jung oder sehen schön und jung aus, sie haben gute Laune und heiße Sohlen mitgebracht, nicht viel an und Gläser mit Cocktails in der Hand, sie tanzen in den Sonnenuntergang, um nicht zu sagen, sie shaken ab. Das Beachvolleyballnetz liegt zusammengerollt im Sand, daneben der Ball, das Match ist längst gewesen, jetzt steigt die Party, und morgen, eher erst am Nachmittag, wird das Netz wieder aufgespannt, dann ist wieder Match, dann ist wieder Party, all night long.

Foto: Irina Gavrich; Assistenz: Nino S.

Schmecks, alles Klischee. Wollen Sie wissen, wie ein Turniertag von Nik Berger und Clemens Doppler wirklich aussieht? Also gut: Tagwache eher um sieben statt um acht, Frühstück jedenfalls zweieinhalb Stunden vor dem ersten Match, damit das Frühstück nicht zu schwer im Magen liegt, zum Frühstück gibt's Müsli und Vollkornbrot. Dann ziehen sich die Österreicher ein Video mit einem Spiel der Gegner rein, analysieren die jeweiligen Stärken und Schwächen, etwa 45 Minuten vor Matchbeginn wird leicht gedehnt, eine halbe Stunde vor Matchbeginn wird intensiv aufgewärmt.

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Das Match dauert dreißig bis sechzig Minuten, je nachdem, ob zwei oder drei Sätze zu spielen sind, das heißt dreißig bis sechzig Minuten in der prallen Sonne, dreißig bis sechzig Minuten servieren, hechten, baggern, springen, blocken, schmettern. Zwischen erster und zweiter Partie ist meist Mittagspause, gegessen wird eher wenig, oft gibt's Spaghetti, dann wird geruht, wieder Video analysiert, gedehnt, aufgewärmt, gespielt. Die Abende während eines Turniers verlaufen eher ruhig. Ein Eis ab und zu ist drinnen, doch was den Bierkonsum angeht, kann der Beachvolleyballer durchaus auf einem Bein stehen. Doppler: "Trinkspiele waren früher angesagt. Doch jetzt bin ich Profi, und Trinken ist praktisch tabu."

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Zwei Spiele sind bei Nik Berger und Clemens Doppler oft gleichbedeutend mit zwei Siegen, dann sind die Österreicher schon fürs Achtelfinale qualifiziert, dennoch steigt eine dritte Vorrundenpartie, bei einem World-Tour-Turnier umfasst eine Gruppe nun einmal vier Teams, und zwei kommen weiter. Berger / Doppler haben heuer schon diverse Spitzenergebnisse erzielt, beispielsweise auf Rhodos, in Gstaad, in Berlin, Stavanger, auf Kreta und in Marseille. Sie zählen seit Saisonbeginn zu den Top Ten der Weltrangliste, haben etliche Spitzenteams geschlagen, sich zu Olympia-Hoffnungen entwickelt.

Foto: Irina Gavrich; Assistenz: Nino S.

Die Qualifikation für Athen 2004 scheint nur eine Frage der Zeit, heuer werden zehn, in der nächsten Saison vier Turniere herangezogen, die besten acht der insgesamt 14 Resultate zählen, 24 Mannschaften sind in Athen dabei, pro Nation maximal zwei, da schauen einige Brasilianer, US-Amerikaner und Schweizer durch die Finger.

Die Schweizer. Mit den Schweizern ist das eine eigene Geschichte. Gott allein weiß, wieso die Schweiz im BVB eine Macht ist. Wo sie doch, seien wir ehrlich, praktisch nicht am Meer liegt.

Foto: Irina Gavrich; Assistenz: Nino S.

Österreich hat Jesolo, Caorle, Bibione und Cesenatico, aber was, bitte schön, haben Schweizer beim Beachvolleyball verloren? Schuld sind die Brüder Paul und Martin Laciga, sie zählen seit Jahren zur Weltspitze, angeblich können sie einander gar nicht leiden und reden kein Wort miteinander, bei Brüdern ist das oft so, doch auf dem Court schadet es den Lacigas nicht.

Österreich, okay, okay, auch kein klassisches Strandland, hatte Berger und hatte Oliver Stamm, die gemeinsam vor drei Jahren in Sydney Olympia-Neunte wurden, ehe sie sich trennten, woraufhin Clemens Doppler auf Bergers Plan trat.

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Die Saison 2002 war die erste des Duos, man verstand sich auf Anhieb recht gut, erzielte einige beachtliche Resultate. Der Salzburger Berger, Jahrgang '74, führte den Oberösterreicher Doppler, Jahrgang '80. Doppler sagt: "Am Anfang haben die Gegner natürlich nur mich massiert." Massieren heißt anservieren, anspielen, zermürben wollen. Doch Doppler blieb, wie er war, er blieb cool. Und mittlerweile wird Berger genauso oft massiert, meistens versuchen Beachvolleyballer abzuchecken, welcher der beiden Gegner vielleicht einen schlechten Tag erwischt hat.

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Berger und Doppler erwischen immer öfter gute Tage. "Im Vorjahr", sagt Doppler, "haben wir manchmal eine Mörderpartie gespielt, und im nächsten Spiel waren wir grottenschlecht. Heuer sind wir konstant." Früher haben sich Brasilianer, Argentinier, Australier und US-Amerikaner eher gefreut, wenn sie Österreicher zugelost bekamen, mittlerweile hält sich die Freude der Stars in Grenzen, wenn ihnen Berger und Doppler gegenübertreten. Allein die Größe der beiden Herren ist beeindruckend, Berger misst 1,96 Meter und ist damit der um vier Zentimeter Kleinere.

Foto: Irina Gavrich; Assistenz: Nino S.

Das Spiel der Österreicher ist variantenreicher geworden, manchmal wechseln sie sich ab am Block, manchmal steht ausschließlich Berger am Netz, und Doppler verteidigt. Vor allem defensiv hat das Duo zugelegt, Service und Sideout, also das Zurückholen der Angabe, zählen seit jeher zu den Stärken. Der Reiz liegt darin, sagen beide, dass nicht die Kampfkraft im Vordergrund steht, sondern eher der Spielwitz. Berger: "Wer die beste Mischung aus Spielwitz, Konzentration, Koordination und Ausdauer mitbringt, bringt es am weitesten." Doppler: "Wenn man ein Spiel nur als Kampf sieht, geht man viel zu verkrampft hinein. Am Ende spielt man ja, weil es einem Spaß macht, und wenn das Spielen keinen Spaß mehr macht, macht es eigentlich auch keinen Sinn."

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Berger ist seit mehr als drei Jahren verheiratet, die Zeit zwischen zwei Saisonen verbringt er daheim und an der Wiener WU, wo er in absehbarer Zeit sein BWL-Studium abschließen will. Doppler ist weder verheiratet noch Student, hat die Handelsschule abgeschlossen, betrachtet "momentan den Strand als Büro". Insgesamt kann das ungleiche Paar vom Sport durchaus leben, eine Saison ist schon dank Sponsoren (Red Bull, A1, Nokia, Seat, Speedo, Format-X) kein Verlustgeschäft, die Preisgelder lassen sich mit jenen im Tennis oder Golf zwar nicht vergleichen, doch für den zweiten Platz in Gstaad gab's 8000, für den neunten beim Grand Slam in Berlin 9000 US-Dollar. Nicht pro Person, sondern insgesamt.

Foto: Irina Gavrich; Assistenz: Nino S.

Das Partytiger-Image der Beachvolleyballer trifft auf Berger / Doppler eher gar nicht zu, stört sie aber kaum, es ist recht nützlich bei der Vermarktung. Früher war Volleyball eher im Winter und in der Halle angesagt, geurlaubt wurde klassisch und im Sommer. Speziell Doppler fiel die Umstellung schwer, nicht weil er plötzlich im Sommer hackeln musste, sondern weil ihm am Anfang während des Spiels die Wände abgingen. "Ganz am Anfang hatte ich überhaupt keine Orientierung."

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Mittlerweile lebt es sich ganz gut im Strandbüro, ohne Wände. Und den Winter verkürzen Herr Berger und Herr Doppler, indem sie - richtig - in den Süden fliegen - ohne Volleyball vielleicht, aber schon ans Meer, an den Strand. Das Eis in der Hand ist und bleibt ihnen lieber als der Schnee auf dem Dach. (Fritz Neumann , DER STANDARD, rondo/25/07/2003)

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