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16.000 Österreicher verdingen sich als Haarkünstler, viele unter ihnen nebenbei schwarz.

Foto: apa/weißbrod bernd

Wien - Die Pleite der Friseurkette Elite verwundert Wolfgang Eder, Coiffeur in Salzburg und Bundesinnungsmeister seines Gewerbes, nicht wirklich. In Österreich werde in den kommenden Jahren eine Reihe weiterer Betriebe der Branche zusperren. Der Druck, der auf ihr laste, wachse, "die Schere geht bei Friseuren immer weiter auf".

Stiefkind der Politik

8.600 Unternehmen leben hierzulande von haarigen Geschäften. Ihr Umsatz sank im vergangenen Jahr um ein Prozent auf 586 Millionen Euro. Wie auch die Baubranche sei sein Gewerbe von der Krise getroffen, seufzt Eder - die Politik aber wolle die Zunft, wiewohl sie zu den größten Lehrlingsausbildnern zähle, nicht als wirtschaftlichen Faktor wahrnehmen. Dabei gebe es so viel zu tun.

Elite mit ihren 150 Mitarbeitern und 38 Filialen stolperte über ihre überhitzte Expansion und Nachforderungen der Sozialversicherung. Unter dünnen Eigenkapitaldecken, hohen Lohnnebenkosten und erheblichen Investitionen in die Salonausstattung litten freilich die meisten der Branche, sagt Eder: "Es ist eben ein Groscherlgeschäft." Anders als etwa in Werkstätten oder bei Elektrikern sei die Preissensibilität der Kunden bei Frisuren eine hohe. 50 bis 60 Euro legten sie im Schnitt dafür aus. Der Dienstleistung angemessenere Preise würden kaum akzeptiert.

Steuersenkung erwünscht

50 bis 60 Prozent des Umsatzes gingen für Lohnkosten drauf. Helfen könnte vielen Coiffeuren eine Halbierung des Steuersatzes auf Dienstleistungen, ist er überzeugt. Andere Länder lebten dies vor.

An die 16.000 Beschäftigte verdingen sich als Friseure, viele von ihnen nebenbei im Pfusch. Nur 56 Prozent der Österreicher begeben sich unter die Haube regulärer Betriebe. Drei Prozent laden mobile Haarkünstler zu sich nach Hause. Beim Rest wird schwarz Hand angelegt. Wobei die Branche weitaus mehr unter der Konkurrenz neuer Einzelkämpfer stöhnt: Da würden Salons kurzfristig auf- und in Ermangelung von kaufmännischer Erfahrung und Gewinn bald wieder zugesperrt, was die Preise ruiniere, klagen alteingesessene Friseure. Der erleichterte Zugang ins Gewerbe öffne dafür Tür und Tor.

36 Prozent der Friseurbetriebe basierten auf Ein-Personen-Unternehmen, und ihre Zahl steigt weiter, bestätigt Eder. Er selbst habe die Zahl seiner Salons von einer Handvoll auf zwei reduziert. Wie er konzentrierten sich viele seiner Kollegen auf weniger, dafür starke Standorte. "Darin liegt die Herausforderung." Am anderen Ende der Fahnenstange wachsen große Ketten. So wäscht, färbt und schneidet der deutsche Drogeriekonzern DM bereits in mehr als jeder zweiten seiner Handelsfilialen.

Klipp will bis zu 300 Filialen

Auf Augenhöhe arbeiten Oberösterreicher: Ewald Lanzl, ehemaliger Staatsmeister, spannt seit 25 Jahren unter der Marke Klipp von Wels aus ein dichtes Netz an günstigen Salons über Österreich. Mit 1.200 Mitarbeitern an 190 Standorten setzt er gut 34 Millionen Euro um. Langfristig peile er 300 Filialen an, erzählt er dem Standard, viel Potenzial sehe er vor allem in Wien. Dieser Tage hat er erstmals den Schritt ins Zentrum gesetzt und im ersten Bezirk die neue Linie "Hairstyle Club" eröffnet.

Turbulente Geschäfte macht er keine aus: Das Scheitern des Mitbewerbers Elite liege klar an falscher Firmenpolitik und ihren zu niedrigen Preisen. Pfusch gebe es seit eh und je und sei sicher nicht ausschlaggebend für das Gedeih der Branche. "Nachbarschaftshilfe der Häuslbauer bringt die Bauwirtschaft ja auch nicht um." (Verena Kainrath, DER STANDARD, 3.8.2013)