So ein Glück: Singapore Airlines hatte zwischen Siem Reap und Hong Kong keinen (mir erschwinglich wirkenden) Anschlussflug. Ja, ich weiß schon, von Kambodscha muss man nicht unbedingt über Singapur fliegen. Aber der spätere Rückflug nach Europa aus dem supersauberen Stadtstaat war halt schon gebucht. Also halt ein bisserl ums Eck. Und zwar ums genau richtige, fand ich, um endlich ordentlich in Singapur zu essen - statt am auch noch falschen Würstelstand eine Käsekrainer.

Kurz nach Mitternacht in einem Capsule-Hostel (eher Regalschlafen als Capsule, aber für örtliche Verhältnisse verdammt günstig: Little Red Dot) einchecken. Fünf Stunden Gemeinschaftsschnarchen. Und los zum Tiong Bahru Market - in eine Niedrighaussiedlung unter Wolkenkratzern, die ich Universalbanause Richtung Bauhaus einordnen würde. Aber ich spüre schon Ihre Prügel, wie falsch ich da wieder liege. Umso richtiger fühlte ich mich im Marktgebäude.

Orientierung verschaffte mir ein Blogeintrag von ladyironchef.com, entlang dem ich mich durch die Stände arbeitete. Unter besonderer Berücksichtigung des Prinzips: je länger die Schlange, desto besser. Was sich nicht immer bewahrheitete - just beim Vegetarischen nämlich. Aber sehen Sie selbst.

Hier warten nicht nur Sauereien - aber auch! Tiong Bahru Market, über dem Haupteingang. Nichts wie rein!

 

Foto: Harald Fidler

Sauereien wie diese zum Beispiel.

Foto: Harald Fidler

Aber wir beginnen mit einem Gericht, ohne das kein Besuch auf dem Tiong Bahru Markt komplett wäre, jedenfalls behauptet das Ladyironchef: Shui Kueh von ...

 

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... Jian Bo, Stand #02-05 - und wenn man nicht ganz früh dran ist, steht man dort genau so an für ...

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... diese kleinstmögliche Portion von vier der sehr elastischen Reismehlpuddings mit einer ziemlich fetten Rettich-Zwiebel-Chili-Mischung, wenn ich die Zwiebel korrekt drin verorte, da bin ich nicht so ganz sicher. Kommt auf Packpapier und wird mit superdünnen Stäbchen verputzt, was den Verzehr nicht unbedingt erleichtert. Sieht nach wenig aus, kostet auch nur 1,20 Singapurdollar (rund 70 Eurocent). Gibt aber aus wie eine kleine Hauptmahlzeit und wird hier in Singapur tatsächlich gern gefrühstückt. Kann ich gut verstehen. Das gibt Kraft für den Tag.

Foto: Harald Fidler

Um 10 vor 8 sind die Enten noch nicht wirklich roasted, wie man hier erkennen kann. Aber nach einem Shui Kueh drängt der Hunger eh nicht mehr so - und es gibt ja noch ein paar andere Überbrückungshilfen.

Foto: Harald Fidler

Diese Damen am Stand #2-80 - Lor Mee - zum Beispiel haben da gegen Hunger in allen Größen, vor allem großen, etwas parat ...

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... das in diesem Topf zu einer wirklich, wirklich mollig-dicken, süßlichen, ausgesprochen sättigenden Suppe verköchelt, die ich nicht weiter analysieren möchte und die dann ...

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... so auf den Plastikteller kommt: unter anderem mit Huhn, knuspriger Teigtasche, paniertem Fisch, Schweinebauch, Sojasprossen - ein Teller wie zwei Mahlzeiten.

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Die längsten Menschenschlangen stehen zu dieser frühsonntäglichen Stunde noch beim Kaffee und bei Soy Bean Curd an - bei Koh Brother Pig Organ Soup noch eher nicht so. Der etwas mürrisch wirkende Koh schnippelt da noch bedächtig Schweinseingeweide für das Süppchen. Aber dazu kommen wir noch.

Foto: Harald Fidler

Hab ich schon erwähnt, dass ich den Markt auch architektonisch sehr gelungen fand?

Foto: Harald Fidler

"Nicht von dieser Welt", so gut, findet Ladyironchef das Roasted Pork und Char Siew von Lee Hong Kee. Und wer wäre ich, dem zu widersprechen?

Foto: Harald Fidler

Auch wenn hier nicht nur reine Frohnaturen zu werken scheinen, aber wem kann man das verdenken am frühen Sonntagmorgen unter so viel ...

Foto: Harald Fidler

... auch nicht sehr fröhlich wirkendem Exfedervieh? Zu dem bin ich dann leider nicht mehr gekommen, weil ich ...

Foto: Harald Fidler

... das angeblich überirdisch gute Schwein ja denn doch probieren musste. Wirklich ...

Foto: Harald Fidler

... knusprigste Sau, dicke, süße Sauce, extra Chili, fette Stücke. Und die Enten werden im Dutzend in den winzigen Stand getragen. Schade, dass sich die nicht mehr ausgingen.

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Dass sich die Ente nicht mehr ausging, lag vor allem an meiner Beobachtung, dass sich eine der längsten Menschenschlangen gerade vor dem Veggie-Stand gebildet hatte. Und daran, dass ich nicht Punkt für Punkt Ladyironchef folgen wollte - wenn schon einmal anderswo der Bär steppt als an ihren Empfehlungen.

Foto: Harald Fidler

Und weil ich ja auch der fleischlosen Ernährung (ab und an) sehr aufgeschlossen gegenüberstehe (vor allem zwischen zwei Schweinegängen) - war ich schon voll dabei vor dem Stand namens Ru Yi.

Foto: Harald Fidler

Sah zwar sehr okay aus, hat mich aber dann doch nicht wirklich begeistert: Viel Teig, hab ich notiert, der Tofu mal wunderbar cremig, aber eben auch gummig-grau. Kein Höhepunkt, leider.

Foto: Harald Fidler

Gut, dass zwei Stände weiter Herr Koh noch immer mit dem Hackebeil Schweinsorgane zerlegt für seine Pig's Organ Soup.

Foto: Harald Fidler

Damit das - mit vier bis fünf Singapurdollar eh schon teuerste - Gericht auch ordentlich sättigt, nehm ich für zwei weitere Dollars noch eine kleine Portion Reiswurst dazu. Das ergibt dann diese Gesamtperspektive.

 

 

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Die Suppe riecht schon sehr, sehr darmig, also nicht so richtig schön, schmeckt so säuer- wie innerlich. Drin identifiziere ich unter anderem Leber, Darm, wohl Magen, einen Knödel aus vermutlich all dem und noch ein bisschen mehr vom Schwein, dazu ein bisserl Blatt- und Wurzelwerk. Befund: interessant. Hätte doch die Ente probieren sollen.

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Die Reiswurst entpuppt sich als ...

Foto: Harald Fidler

... klebriger Reis im Darm mit nicht weiter identifizierten Stücken aus dem Schwein. Wieder was kennengelernt.

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Dann doch lieber die Sau im Cellophan (und nicht Stanniol, danke, Schnabeltierfresser!). Das sah ich hier ein und verlegte meine Beschäftigung vorübergehend auf die Abbildung des Marktgeschehens...

Foto: Harald Fidler

... zum Beispiel diese sympathische ältere Dame, die mir eher auf der süßen Seite zuhause schien...

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... oder diese jüngere...

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... oder auch diesen netten Herrn mit dem klebrigen Herzen...

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... und auch dieses Herren Backwerk...

Foto: Harald Fidler

... ließ ich aus. Gewiss ein Fehler, wie die Ente, aber selbst meine Kapazität ist begrenzt.

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Aber da war es soweit: Fidler nimmt Dessert. Ist, wie am Stand versprochen, gar nicht so süß: Pandan-Blatt mit Kokosnussmilch, sagte man mir. Geht. Gut!

Foto: Harald Fidler

Und macht sich auch schmuck mit der ...

Foto: Harald Fidler

... Ufo-Beleuchtung.

Foto: Harald Fidler

Bevor ich mich über dieses Stiegenhaus nach unten verfüge ins Erdgeschoss und noch ein paar tote Tiere studiere, brauch ich noch einen salzigen Gang.

 

Foto: Harald Fidler

Schließlich hat Ladyironchef behauptet, das gedämpfte Huhn bei Tiong Bahru Hainanese Boneless Chicken Rice wäre eines der besten von ganz Singapur. Übrigens auch die roasted Variante, sagt sie.

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Und in der Tat: "seeehr gut" hab ich notiert, ungewöhnlich saftig und zart, zudem schrieb ich noch von Galgant und hob die beigestellte Suppe hervor. Kann ich empfehlen. Auch im sechseinhalbten Gang.

Foto: Harald Fidler

Nein, ich mag Kaffee mit Milch nicht. Nein, ich mag gesüßten Kaffee nicht. Aber wenn ich schon einmal da bin, nehm ich ihn halt, wie er hier offenbar gehört. Gar nicht schlecht. Einmal.

Foto: Harald Fidler

Jetzt aber frisch gestärkt noch ins Erdgeschoß zur Marktware!

Foto: Harald Fidler

Fisch zum Beispiel wie bei diesem netten Herren oder...

Foto: Harald Fidler

... diesem oder...

Foto: Harald Fidler

... doch vegetarischeren Angeboten, sahen übrigens besser aus als meine Auswahl oben.

Foto: Harald Fidler

Ich überleg schon, wann ich es das nächste Mal genau hierhin schaffe - wir hätten da noch einiges offen, zum Beispiel...

Foto: Harald Fidler

... die Ente! (Harald Fidler, derStandard.at, 10.12.2013)

Schmeck's ist keine professionelle Lokalkritik. Harald Fidler und Freunde schildern hier ihre Erlebnisse beim Essen und Trinken. Als Dilettanten im Wortsinn: Laien, Amateure, Nichtfachleute, die eine Sache um ihrer selbst willen ausüben - also zum reinen Vergnügen. Was nicht immer gelingt.

Foto: Harald Fidler