Die romanische Sankt-Georgs-Kirche im Talkessel von Kals, auf dem Bergrücken im Hintergrund das neue Gradonna Mountain Resort. 

Foto: Eric Frey

Bild nicht mehr verfügbar.

Rund 9000 Menschen besteigen jedes Jahr den Großglockner, die meisten von ihnen von Kals aus. Aber das Bergdorf am Fuße der Hohen Tauern war einst mehr als nur das Basislager für Gipfelstürmer. Es galt als die führende Tourismusgemeinde Osttirols und eine der bekanntesten des Landes. Nach einer jahrzehntelangen Durststrecke, während derer sich im abgelegenen Hochtal nur wenig ent­wickelt hat, hoffen die rund 1200 Kalser auf einen Neubeginn als hochalpine Urlaubsdestination, die Komfort mit Abenteuer auf besondere Weise verbindet.

Treibende Kraft dahinter ist die Nordtiroler Schultz-Gruppe, die vor fünf Jahren mit dem Bau einer neuen Seilbahn das Skigebiet mit dem Matreier Goldried zum Großglockner Resort zusammengeschlossen und im Vorjahr eine Hotelanlage der Luxusklasse mit 500 Betten in Kals eröffnet hat.

Das Gradonna Mountain Resort, eines der schönsten neuen Hotels im Alpenraum, thront hoch über dem Ort auf 1500 Metern Seehöhe (im Winter direkt an der Skipiste). Mit Fassaden aus Lerchen- und Fichtenholz und schwarzem Glas fügt es sich in die etwas raue Berglandschaft ein und sticht gleichzeitig hervor. Mit großzügigen Cha­lets und Hotelzimmern, einer ausgezeichneten Küche, luxuriösen Wellnessanlagen, einer durchgehenden Kinderbetreuung und im Sommer einem beheizten Badeteich mit 3000er-Blicken will das Gradonna wohl jene Gäste ansprechen, die es bisher nicht nach Kals und nur selten nach Osttirol verschlagen hat.

Doch für ein reines Verwöhnprogramm ist Kals grundsätzlich ungeeignet. Man muss nicht gleich den Großglockner besteigen, um die fantastische Bergwelt rund um den Ort zu erleben. Wanderer fahren gerne mit dem eigenen Auto über die Kalser Glocknerstraße zum Lucknerhaus und marschieren, den Glockner stets vor Augen, auf die Luckner- oder Stüdlhütte, wo der eigentliche Glocknerauf­stieg losgeht.

Vom Gipfel der Kalser Gondelbahn führt der Europa-Panoramaweg hinüber auf die Matreier Seite. Von der Bergstation Blauspitz lässt sich mit Klettererfahrung die Kendlspitze erklimmen, ein niedriger 3000er in der Granatspitzgruppe, oder für Normaltouristen der markante Gipfel des Blauspitz. Und der Nationalpark Hohe Tauern bietet zahlreiche geführte Touren zur Tierbeobachtung oder zu Gletscherspalten.

Einer der schönsten Orte ist das Dorfertal, das bis in die 1980er-Jahre von Plänen für einen Großkraftwerksbau bedroht war. Heute führt dort ein befahrbarer Wanderweg entlang des Dorferbaches zum Kalser Tauernhaus in eine Almlandschaft, die wie eine Filmkulisse aus einem Fantasystreifen wirkt. Und von hier aus, oder noch besser von der Rudolfshütte im Pinzgau hierher, lässt sich in einer einfachen Ein-Tages-Wanderung der Alpenhauptkamm überschreiten. Taxitransfer und Wanderführer werden im Pauschalpaket angeboten. Familien mit Kindern können die Kalser Talrunde selbst mit Buggy bewerkstelligen.

Gletschertour

Wir selbst wählten als (topogra­fischen) Höhepunkt eine Besteigung des Hochschober (3240 m) über die Lesachalm mit Bergführer, was sich dank einer dichten Schneedecke noch im Juli als steile, aber technisch einfache Gletschertour mit Blick über die gesamten Hohen Tauern erwies.

Kals, das in mehrere Ortsteile auf verschiedenen Ebenen zerfällt, hat noch viel Platz zum Wachsen. Neben dem Gradonna und dem etwas älteren Wanderhotel Taurerwirt gibt es derzeit fast nur Pensionen und Privatzimmer. In den kommenden Jahren könnten zu den derzeit 2100 Gästebetten noch rund 1000 dazukommen, glaubt Bürgermeister Klaus Unterweger. Aber die Kalser lassen sich Zeit. Selbst nach einem langen touristischen Winterschlaf sind ihre Berge immer noch da. (Eric Frey, DER STANDARD, Album, 3.8.2013)