Der Wahlkampfleiter und sein überdimensionaler Chef: Pointiert findet Norbert Darabos die eigenen Botschaften - bei der Interpretation kommt es manchmal zu Differenzen

Foto: STANDARD/Regine Hendrich

Wien - Im Hintergrund eine rote Fahne, davor der Kanzler in Volkstribunenpose, garniert mit der Ansage "Wir kämpfen ...": Es ist eine sanfte Imagekorrektur, die sich auf den neuen SP-Plakaten abbildet. "Pointiert" will Wahlkampfleiter Norbert Darabos seinen an sich konsensverliebten Chef Werner Faymann mitsamt seinen Botschaften in Szene setzen.

Die vier Sujets, die sich Darabos ausgedacht hat, werden bei politisch Interessierten nicht gerade für großes Erstaunen sorgen. Demnach kämpft die SPÖ "um jeden Arbeitsplatz", "für faire Bildung", "für leistbares Wohnen" und "für sichere Pensionen". Die Slogans werden die nächsten Wochen im Großformat zu lesen sein, mit der Ausnahme Kärnten: Die Genossen im Süden wollten wie schon im siegreichen Landtagswahlkampf auf Plakate verzichten, erzählt Darabos - dafür hätten sie aber umso intensiveren Einsatz bei Hausbesuchen und Co versprochen.

Was die SPÖ konkret zu tun gedenkt, um ihre Versprechen einzulösen, wird sie kommendes Wochenende bei einem Parteirat mit ihrem Wahlprogramm besiegeln. In die 111 Projekte sollen auch zehn Ideen einfließen, die im Vorfeld mit Menschen außerhalb des Parteiapparats diskutiert wurden.

Etwas wünschen durften sich bereits die roten Jugendorganisationen: Unter Punkt 44 des Wahlprogramms findet sich die Forderung, dass alle Jugendlichen in Ausbildung in Österreich Freifahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln genießen sollen, egal ob Stadt oder Land, ob Bus oder Bahn. Modelle für "Freifahrt" von Jugendlichen gibt es bereits jetzt, doch da werden Pauschalbeträge fällig (siehe Wissen). In der billigeren Variante können Schüler und Lehrlinge mit den Öffis vom Wohnort zu Schule oder Arbeit fahren, in der teureren im gesamten jeweiligen Verkehrsverbund.

Wirklich gratis solle das Angebot sein, sagte Darabos bei der Präsentation. Zumindest sei das die Maximalvariante. Doch gegen diese vollmundige Ansage hagelte es in den Stunden danach Kritik, bis es auch SPÖ-intern wieder zu Abstrichen kam.

Kritik von Mitterlehner

Als erster meldete sich Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) zu Wort, aus dessen Ressort das Zusatzgeld kommen soll - konkret aus dem Familienlastenausgleichsfonds (Flaf). Ein Gratisticket, mit dem alle Youngsters kreuz und quer durch Österreich tingeln dürften, ohne einen Minimalbetrag zu zahlen - inklusive Studenten, für die derzeit regional unterschiedliche Ermäßigungen gelten - werde 1,7 Milliarden Euro kosten, wandte er ein.

Abzüglich jener 400 Millionen Euro, die bereits jetzt pro Jahr aus dem Flaf in die "Freifahrt" für Schüler und Lehrlinge fließen, bleibe immer noch ein Finanzierungsbedarf von 1,3 Milliarden Euro übrig. Natürlich seien günstige Öffi-Angebote für junge Menschen wichtig, sagt die ÖVP, warnt aber: "Die Jugendlichen bekommen heute ein Wahlzuckerl und nach der Wahl ein neues Paket an Schulden."

Ärgerlich sei zudem, dass die SPÖ selbst keine Vorleistungen bringe. Um ein bundesweites Freifahrtticket überhaupt möglich zu machen, müsse die sozialdemokratische Verkehrsministerin Doris Bures erst einen einheitlichen Verkehrsverbund schaffen.

Zudem, so Mitterlehner, sei längst geplant, das ab September in ganz Österreich verfügbare Top-Regionalticket für Schüler und Lehrlinge (siehe Wissen) auch Studierenden anzubieten; er werde den 127 Millionen Euro teuren Plan im Herbst angehen. Damit wäre dann auch der Vorschlag der Sozialdemokraten erfüllt, verkündete daraufhin SPÖ-Klubobmann Josef Cap. In seiner Aussendung von Mittwochabend war von Gratis-Öffifahrten für alle Jugendlichen nicht mehr die Rede .

Auch die Grünen treten im Wahlkampf mit Öffipreis-Senkungsideen an: Sie fordern ein 60-Euro-Ticket für alle Jugendlichen in ganz Österreich und ein "Österreich-Ticket" für Erwachsene um 1095 Euro. (bri, jo, DER STANDARD, 1.8.2013)