Es begann im Februar, nur sechs Monate nach der Regierungsbildung: Serbiens Minister müssten endlich lernen, Verantwortung für ihre Arbeit zu übernehmen und Konsequenzen zu ziehen, donnerte damals der starke Mann der Regierung, Vizepremier, Verteidigungsminister, Koordinator aller Geheimdienste und Chef der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) Aleksandar Vucic.

Nun zeichnen sich die ersten Opfer von Vucics Willen ab, "Ordnung und Arbeitsdisziplin" zu schaffen. Die Regierung in Belgrad wurde umgebildet, die Sozialisten von Premier Ivica Dacic verlieren an Macht, die Kleinpartei Vereinigte Regionen Serbiens (URS) muss die Koalition überhaupt verlassen. Auf Neuwahlen wollte sich Vucic trotz guter Aussichten vorerst aber nicht einlassen.

Zuvor hatte er angekündigt, ein gutes Beispiel zu setzen und sein Amt als Verteidigungsminister aufzugeben - wenn auch vor allem deshalb, weil er "keine Zeit mehr" dafür habe. Während die Machtposition der SNS, die mehrere Minister aus den eigenen Reihen ersetzen wird, wegen ihrer guten Umfragewerte unantastbar scheint, ließ Vucic seine Juniorpartner SPS und URS um die politische Existenz ringen.

Den Kampf um die Gunst Vucics entschieden die Sozialisten schließlich für sich. Sie werden ihren Verkehrsminister opfern, doch Parteichef Ivica Dacic bleibt wohl weiter Premier und Innenminister.

Die URS und deren Chef, Wirtschafts- und Finanzminister Mladjan Dinkic, kommen hingegen deutlich schlechter weg. Schon seit Vucic vor einigen Monaten gesagt hatte, dass "Serbiens Wirtschaft und Finanzen ein Albtraum" für ihn geworden seien, war klar, dass er es auf Dinkic abgesehen hatte. Nun beanspruchte die SNS dessen Ministerien für sich, Dinkic wurde zum Rücktritt aufgefordert.

Premier stellte Ultimatum

Obwohl sich dieser bereit zeigte, alle Erniedrigungen über sich ergehen zu lassen und auch weniger bedeutende Ministerien zu übernehmen, um in der Regierung zu bleiben, erklärte Premier Dacic am Dienstag ultimativ: Entweder fliegt Dinkic aus der Regierung, oder die SPS zieht sich zurück. Die Entscheidung überließ er seinem Vize Vucic. Dieser votierte Donnerstag Mittag gegen Dinkic, der seit der demokratischen Wende des Jahres 2000 jeder Regierung angehört hatte.

Vucic will vorerst offenbar Neuwahlen vermeiden, um das Tempo der EU-Integration nicht zu verlangsamen. Serbien rechnet mit dem Beginn der Beitrittsverhandlungen im Jänner 2014. (Andrej Ivanji aus Belgrad, DER STANDARD, 1.8.2013)