Wien - Die Pleiten von Dayli, Alpine und Niedermeyer drücken die Stimmung, zwei Drittel der Österreicher werden laut Umfragen von Sorgen um den Arbeitsplatz gequält. Alles schaue auf diese Insolvenzfälle wie das Kaninchen auf die Schlange, während durch Firmenneugründungen jeden Tag neue Jobs entstünden, meinte am Mittwoch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl vor Journalisten.

In zwei Wochen würden durch Unternehmensgründungen so viele neue Jobs entstehen, wie durch die Alpine-Pleite verlorengegangen seien, rechnete Leitl heute vor.

2,3 Arbeitsplätze pro Gründung

Im ersten Halbjahr 2013 seien es 114 Gründungen am Tag gewesen, das wären "mindestens 114 Jobs, eher sogar mehr", so Leitl. Laut Elisabeth Zehetner, Bundesgeschäftsführerin von Gründerservice und "Frau in der Wirtschaft", hingen an einer Gründung im Schnitt sogar 2,3 Arbeitsplätze. "Wenn das so ist, dann dauert es nur eine Woche", meinte Leitl in seinem Alpine-Vergleich.

Die Wirtschaftskammer beziffert das Verhältnis Gründungen zu Insolvenzen in der Gesamtwirtschaft mit fünf zu eins. Demnach komme auf fünf Geburten eine Pleite. Das gehöre zum Leben, so Leitl. Freilich verursachten Firmeninsolvenzen Unbehagen und Ängste. Was die Neugründungen betrifft, so ist laut Zehetner nach drei Jahren die Mehrheit der Unternehmen in gleicher Form am Markt.

Eigener Chef sein

Auch in Österreich sind die Unternehmensneugründungen 2012 gesunken, der Rückgang war laut Zehetner mit 2,3 Prozent aber schwächer als in Deutschland (minus 7 Prozent). Während es in den ersten Monaten in Deutschland heuer weiter bergab ging, werden für Österreich von Jänner bis Juni 2013 für das erste Halbjahr 14.798 Neugründungen und damit 2,7 Prozent mehr als im Vorjahr im Halbjahr gemeldet. Zählte man selbstständige Betreuungspersonen (PflegerInnen) dazu, gab es laut Wirtschaftskammer bis Juni 19.376 Neugründungen (plus 4,4 Prozent).

Leitl sprach von einem ermutigenden Trend. Wichtig sei zudem, dass es überwiegend positive Motive seien, den Weg in die Selbstständigkeit zu gehen. 64 Prozent hätten angegeben, in der Zeit- und Lebensgestaltung flexibler sein zu wollen, 59 Prozent wollten lieber selber Chef sein, als einen über sich zu haben. 57 Prozent sahen in ihrem Alter in der Selbstständigkeit eine neue Berufsperspektive. 41 Prozent hofften durch die Lage am Jobmarkt auf eine Alternative. 8,6 Prozent fühlten sich in die Selbstständigkeit "gedrängt", und 4,5 Prozent hatte der Motivumfrage zufolge das Arbeitsmarktservice (AMS) dazu geraten.

Dass Firmen Angestellte in die Selbstständigkeit ausgliederten, hält Leitl dagegen für "keine gute Entwicklung". Namentlich erwähnte er etwa Kameraleute des ORF. Dass Selbstständige nur einen Kunden hätten, ist laut Zehetner im Journalistenbereich eher verbreitet als in den anderen Sparten.

Hoher Frauenanteil

Bei den Gründerzahlen zum Halbjahr 2013 wartete die Kammer mit zwei Rekorden auf: Erstmals wurden neue Firmen zu 43,1 Prozent von Frauen gegründet. Und bei Betriebsübernahmen (6.800, plus 2,3 Prozent) gab es ebenfalls eine Höchstzahl. Im ersten Halbjahr 2013 waren 9,9 Prozent der Neugründungen GmbHs, nach 11,2 Prozent im ersten Halbjahr voriges Jahr. Für Leitl war es daher höchste Zeit für die "GmbH light". Allein im Juli habe es 59 Prozent mehr neue GmbHs gegeben als im Schnitt in den Monaten davor. Leitl sprach von einem "wichtigen Impuls" für die Wirtschaft, für endgültige Urteile werden Evaluierungen abgewartet. Um weitere Gründer zu ermutigen, will die Kammer die Rechtssicherheit geschärft, weitere Diskriminierungen in Sozialversicherungsfragen abgeschafft und die Grenze geringfügiger Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro angehoben sehen.

78,8 Prozent der neu gegründeten Unternehmen entstehen als "nicht eingetragene Einzelunternehmen", für die es keine verpflichtende Firmenbucheintragung gibt. Die Mehrheit der Neugründer ist laut Kammer im Schnitt 38 Jahre alt. (APA, 31.7.2013)