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Griechenland hofft auf Erholung, und keine kalte Dusche.

Foto: REUTERS/Yorgos Karahalis

Athen/Washington - Griechenland hofft bei der Erholung der Wirtschaft und beim Schuldenabbau schneller voranzukommen. Finanzminister Yannis Stournaras sagte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters vom Dienstag, die von Internationalem Währungsfonds und EU-Kommission erwartete Lücke im Staatshaushalt 2015 und 2016 könnte vermieden werden. "Das ist möglich." Sollte der positive Trend beim Tourismus anhalten, könnte auch die Wirtschaftsleistung weniger stark schrumpfen als prognostiziert. Das größte Risiko bestehe darin, die Parlamentspolitiker weiter zur Stützung von Reformen zu bewegen.

"Derzeit bestehen meine Prioritäten darin, einen Primärüberschuss im Staatshaushalt zu erzielen und im nächsten Jahr auf einen Wachstumskurs zurückzukehren", sagte Stournaras. Im Gegensatz zur EU und zum IWF, die bereits jetzt für 2015 und 2016 eine neue Lücke im Staatshaushalt in der Größenordnung von etwa zwei Prozent der Wirtschaftsleistung befürchten, hält der Minister das für noch nicht ausgemacht. "Wir erarbeiten unsere eigene Mittelfrist-Prognose. Lasst uns erst einmal sehen, ob es überhaupt eine Lücke gibt", sagte er. Die im Herbst anstehende Aktualisierung könne ergeben, dass es die gar nicht gebe. Letztlich hänge das von der Wirtschaftsentwicklung ab.

Finanzloch

Ergebe sich doch ein Finanzloch, werde es sicherlich nicht mit weiteren Lohn- und Pensionskürzungen oder mit Steuererhöhungen gedeckt werden können. Dann blieben nur zusätzliche Reformen als Problemlösung. Stournaras lehnte es ab, über weitere Schuldenerleichterungen seiner Partner oder gar einen erneuten Schuldenschnitt zu sprechen. Er setze andere Schwerpunkte. Das für dieses Jahr erwartete Minus von 4,2 Prozent bei der Wirtschaftsleistung könne möglicherweise auf vier Prozent begrenzt werden, sagte er.

Das größte Risiko für die Gesundung des Landes ist für Stournaras weniger ein wirtschaftliches, als ein politisches. "Parlamentsabgeordnete orientieren sich am Durchschnittsbürger auf der Straße", sagte er. Die Bereitschaft der Abgeordneten, Sanierungsmaßnahmen im Parlament abzusegnen, hänge davon ab, ob sie ein Licht am Ende des Tunnels sehen. "Genau das ist das große Risiko", warnte Stournaras.

Von seinen internationalen Geldgebern erhielt Griechenland zunächst eine Verschnaufpause. Nach den Euro-Partnern gab auch der Internationale Währungsfonds seinen Anteil von 1,72 Mrd. Euro an der nächsten Kredithilfe frei. Damit könnten kurzfristig insgesamt 5,8 Mrd. Euro vom IWF, dem Euro-Hilfsfonds EFSF und aus Gewinnen des EZB-Anleihenkaufprogramms SMP fließen. Eine weitere Milliarde Euro soll im Oktober folgen, ist aber noch nicht freigegeben worden.

IWF-Chefin Christine Lagarde ermahnte das Land, die Reformen energischer voranzutreiben. "Der Fortschritt bei den institutionellen und strukturellen Reformen im Staatssektor und darüber hinaus ist noch nicht der Größe der Probleme angemessen", sagte sie. "Umfassendere Strukturreformen müssen beschleunigt werden, um die Produktivität und das Wachstum zu steigern." Griechenland durchleidet das sechste Rezessionsjahr. (APA/Reuters, 30.7.2013)