Der internationale Jubel ist so groß, als hätte Papst Franziskus im Papamobil eine "Christopher Street Day"-Parade angeführt. Da tritt der Mann in Weiß, noch durch und durch euphorisiert von der "Fête Blanche" am Strand von Rio, im Flugzeug vor die internationale Presse und plaudert munter über Frauen und Schwule. Ersteres Thema war schnell erledigt. Um es mit päpstlichen Worten zu sagen: Beim Frauenpriestertum "ist die Tür zu".

Doch dann das Outing hoch über den Wolken: "Wenn jemand homosexuell ist und guten Willens nach Gott sucht, wer bin ich, darüber zu urteilen?" Und schon liegt die Welt  im Freudentaumel. Grundlos – denn nichts anderes haben die Vorgänger auf dem Stuhl Petri gesagt, und nichts anderes steht im Katechismus der katholischen Kirche: Respekt und Zuneigung für homosexuell veranlagte Menschen, null Toleranz für homosexuelle Handlungen.

Papst Franziskus ist dennoch ein Glücksgriff für die Kirche. Ein Marketingprofi, der es – bewusst oder unbewusst – mit einer für das Amt ungewohnt offenen Art schafft, verstaubte Lehrmeinungen zu solch medialen Sensationen zu formen, als wären künftig die Hostien nur mehr eckig. Ein Mann, der die Massen begeistert.

Doch der Schein trügt: Dass sich im 21. Jahrhundert alle Christen in der katholischen Kirche unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung geborgen fühlen können, bleibt weiter ein frommer Wunsch. (DER STANDARD, 31.7.2013)