Hab ich ein Glück. Dass ich nicht für Gault Millau essen muss. Schon weil ich kaum bis 19 zählen kann. Und weil ich manches einfach nicht versteh an der Wertung für 2013. Nein, über Johanna Maier, der keine vier Hauben mehr vergönnt waren, kann ich nichts sagen. Aber in den Punkterängen knapp darunter, zwischen 16 und 17, da rätsle ich.

Da kommt man um vergleichende Studien nicht herum. Überhaupt, wenn ich schon in der Nockalmgegend bin, weil der glu uns bei einem denkwürdigen Menü im Gasthaus Stern in Simmering zum großen derStandard.at/Motorrad-Kurven geladen hat. Und weil ich erfreut festgestellt hab, dass a) Mauterndorf da praktisch ums Eck liegt, dass b) das von Maria und Josef Steffner geführte Meserhaus inzwischen 17 Punkte im gelben Guide hat und c) mein Besuch einer Nacht der 20 Gänge vor Steffners Zeit lang genug zurück liegt, um mich wieder nach Mauterndorf zu trauen.

"Iss alles. Ich weiß, du willst es." Also hatte die Schöne an meiner Seite (wenn nicht gerade auf dem Motorrad) gesagt, kaum hatten wir die Karte, hausgemachtes Knäckebrot und ganz schönes Safraneis vor uns. Sie kennt mich. Also: Zwölf Gänge (ganz "Große Verführung", 145 Euro) mit Weinbegleitung (86 Euro). Der angenehme Riesling von Arndorfer im Strassertal begegnete uns zu zweit dreimal, soll mir aber bei hochsommerlich-überschaubarer Tischbesetzung nichts Schlimmeres passieren. Und: Hält der oder die Zweite am Tisch nicht so beherzt bei den Gängen mit, geht die "Lebensfreude" (drei bis fünf Gänge für 44 bis 65 Euro) nicht mehr als Menü durch, sondern wird nach Einzelgerichten verrechnet. Finde ich schon okay - sonst teilt sich ja jeder einmal das große - wie wir schließlich vor allem bei den Desserts.

Ich falle gleich mit dem Fazit ins Haus: Es war ein wunderbarer, ein genussvoller, spannender Abend. Vielleicht bis auf die mir etwas zu nachhaltig sauer-bittere Begleitung - die der Makrele natürlich! Aber: Wir sind am nächsten Tag nach Straden getschundert, um endlich komplette Menüs durchzukosten, wie sie Harald Irka anlegt, zweimal sieben Gänge. Und: Ich kann mir höchstens mit seinem Neueinstieg erklären, warum Irka bisher mit 16 Punkten bewertet ist.

Aber erst probieren wir uns hier durch Josef Steffners wirklich tolle, wirklich große "Verführung" - zumindest optisch...

Das schmucke Mesnerhaus in Mauterndorf, bisschen dämmrig wars schon, als wir eintrudelten.

Foto: Harald Fidler

Schon ein schöneres Speckbrot gesehen?

Foto: Harald Fidler

Hausgemachtes Brot, Knäcke zum Beispiel, mit gemüsigen Salzen.

Foto: Harald Fidler

Safraneis, mag ich - und Afila-Kresse noch immer.

Foto: Harald Fidler

Schöne Grüße: Das Tatar im Vordergrund mit Nüssen blieb mir - die Schöne mag nichts Rohes - außer mir, hoffe ich. Fisch mit Alge und Kräutern im krossen Teigröllchen, in der Mitte einer der schnuckeligsten (und besten) Grammelknödel des Universums, mit Apfel und Rotwein, hab ich mir notiert.

Foto: Harald Fidler

Einer meiner Lieblingsgänge gleich zu Beginn, leider nicht meiner: Raviolo mit Erbsen, der Blattsalat flüssig - Kukuruz nämlich vor allem, behaupte ich. Sage noch einer, Gemüse habe keine Kraft. Der Vollständigkeit halber: Vogelmiere, Zwiebel, Mais stehen noch in der Karte.

Foto: Harald Fidler

Mein Kalbskopf, mariniert, sagt die Karte, mit Pekanüssen und, unschwer links zu erkennen, Radieschen. Die Temperatur - gemischt. Weil der wunderbar warme Würfel auch auf dünnen Scheiben - ich sag's jetzt zu profan - Sulz zu liegen kommt, muss es nach unten überraschend kühl werden.

Foto: Harald Fidler

Fidlers großer Schwarm, schon wieder ein Höhepunkt aus der Gemüsewelt: Sellerie in allerlei Aggregatzuständen, vom Eis bis zum - höchst spannenden, weil festen, knallgrünen und durchaus intensiven, aber von mir natürlich wieder banal benannten - Schwamm. Gerade erst auf die Karte gebracht vor unserem Besuch, sagte uns Maria Steffner. Die Präsentation, soweit auf meinem gewohnt schleißigen Foto erkennbar, schien mir durchaus geläufig. Aber wer kann oder will sich Trends schon langfristig entziehen?

 

Foto: Harald Fidler

Ich liebe Makrele, und das war ein besonders schönes Exemplar, mit ihrem Tatar in den Passepierre-Algen (wenn das tatsächlich Algen sind, ich bin wieder einmal unsicher). Mit Amalfi-Zitronencreme und Kalamansi-Eis (Calamondinorange, lehrt mich Wiki, ich habs ja nicht so mit der Weltläufigkeit auf dem Teller). Ich hab ja nichts gegen Spannung oder Kontraste - aber das Kalamansi-Eis fiel mir ein bisschen zu säuerlich-bitter aus, und das recht anhaltend.

Foto: Harald Fidler

Der Lungauer Eachtling, ein Erdäpfel, richtig, in Gestalt von Stroh. Eidotter - von der Wachtel, die größere Kugel ist Sauerrahm in Safran - sehr schön. Und, ja, gegen Aufpreis: Stör-Rogen, zugeliefert von Walter Grüll, der die Tiere in Österreich züchtet.

Foto: Harald Fidler

Gefiel mir sehr - Reis als durchaus intensiver Schaum zur Regenbogenforelle mit ihrem Rogen, sehr junge Erbsen, alles auf einer dicken Bremsspur aus nicht alleine schönem Erbsengrün.

Foto: Harald Fidler

Der Butt, aus Wildfang, für sich angenehm dezent, mit Mandel und Pfirsich. Für mich schlüssig und gut.

Foto: Harald Fidler

Manchmal versteh' ich die Frauen ja nicht - wie kann man nur so schöne, knusprige Haut missachten, und stammte sie auch vom Wolfsbarsch (mit Vanille und Erdapfel). Die Schöne jedenfalls mag den Fisch lieber bloß - so gelungen seine Haut auch ist. Nehm ich dann. Gern.

Foto: Harald Fidler

Umso begeisterter war sie von meinem Raviolo - mit Spinat, Eidotter, Eierschwammerl, auch roh - eine mollig-pilzige Pracht. "Reinlegen und drin rumwälzen", sagte sie, tat sie aber dann doch nicht. Ich würde das als Ausdruck größter Begeisterung verstehen. Und teilen.

Foto: Harald Fidler

Sehr, sehr, sehr gut: Das Beiried aus den vormittags noch befahrenen Nockbergen (beinah hätt ich dort in einer der zahllosen, Reidn genannten Serpentinen ein übermütiges Kalb derritten). Mit Rindermark, Petersilwurzel und Petersilie.

Foto: Harald Fidler

Der Ochsenschlepp mit Sellerie und Paprikaschaum im Glas - kräftig und gut, nur der Paprikaschaum war mir etwas zu intensiv. Aber da bin ich ein bisschen heikel.

Foto: Harald Fidler

Suchbild: Was könnte das nun sein?

 

Foto: Harald Fidler

Fichte liefert nicht nur das Grün in diesem Dessert - sondern ausgeprägten, spannenden Geschmack zu Biojoghurt (Mini Molk) mit Heidelbeere. Kommt auf meine Favoritenliste.

Foto: Harald Fidler

Valrhona-Variation, sehr schlüssig mit Kirsche und kirschigem Port und - wenn ich das nur richtig notiert hab: Sauerklee.

Foto: Harald Fidler

Die Marille mit Biotopfen und Lavendel fand ich Schoko-Skeptiker allerdings fast...

Foto: Harald Fidler

... noch ein Stück spannender.

Foto: Harald Fidler

Und falls noch jemand nicht satt wär ... ein paar...

Foto: Harald Fidler

... petits fours. Pralinen mit Kirsche, sagt die Schöne. Schön, sag ich. (Harald Fidler, derStandard.at, 6.8.2013)

Foto: Harald Fidler