"Traces": Sechs Männer und eine Frau von der kanadischen Truppe Seven Fingers bestechen durch hintergründigen Witz und sehr viel Mut. 

Foto: La Strada / Nikola Milatovic

Graz - Es ist gewiss mutig, sich in halsbrecherischer Höhe wie ein Gummiband um Tücher zu wickeln und dabei gelassen zu bleiben, als flechte man sich nur einen Zopf. Und es braucht sicher viel Vertrauen, um sich ohne Weiteres in die Tiefe zu stürzen, in der Gewissheit, die Kollegen werden einen schon auffangen. Die sieben jungen Menschen, eine Frau und sechs Männer, der kanadischen Truppe Seven Fingers haben aber noch mehr Mut und Vertrauen als jene Dosis, die man bei Akrobaten gemeinhin erwartet.

Mut, den eigenen Weg zu suchen, und Vertrauen, diesen dann auch zu gehen. In ihrem Programm Traces (bis 2. 8.), mit dem sie am Freitagabend das internationale Festival für Straßenkunst und Musiktheater, La Strada, in der Grazer Oper eröffneten, wandeln sie auf ganz eigenen Spuren.

Wenn sich zu Beginn jeder das Mirko schnappt, um zu erzählen, wie man heißt, wo und wann man geboren wurde und welche Macken oder Vorlieben man hat, ist das innerhalb des zeitgenössischen Theaters zwar ein Déjà-vu-Erlebnis. Doch bleibt es bei Seven Fingers nicht bei einer Nabelschau, die sich dramaturgisch bald ausgedünnt hat. Die Vorstellungsrunde ist nur der Start in einen Abend, an dem sie musikalisches, akrobatisches Talent und jede Menge hintergründigen Humor beweisen. Als Vertreter des Cirque Nouveau spielen Seven Fingers weniger mit der oft zitierten Poesie, auf die andere dieses Genres - vor allem in Kanada und Frankreich - bauen, sondern mit Bescheidenheit und Tiefgang.

Zwischen herabhängenden dreckigen Fetzen und Tüchern, die die opulente Opernbühne konterkarieren, verwandeln sie dauernd alles und sich selbst.

Ein großer roter Ohrensessel wird zur Schildkröte, mit einem Skateboard und einem Basketball wird Baseball gespielt, Aktienkurse mutieren zum Herzschlag, eine an kitschiges Wasserballett erinnernde Runde auf Rollschuhen und Skateboards wird zur Votingshow. Das Publikum bedankte sich mit Standing Ovations.

Heute, Montag, bespielt unter anderem die Zweite Liga für Kunst und Kultur mit ihrer Chronik der vorbeilaufenden Ereignisse den öffentlichen Raum.    (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 29.7.2013)