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Deutschlandweit wird gegen PRISM demonstriert

Foto: Reuters

Mehrere tausend Menschen haben am Samstag in vielen deutschen Städten gegen Datenausspähung durch Geheimdienste protestiert. Allein in Hamburg demonstrierten nach Polizeiangaben 2.000 Menschen. Ein Bündnis verschiedener Organisationen und Parteien hatte zu den Protesten aufgerufen. In der Spähaffäre griff die SPD die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut scharf an und forderte von ihr mehr Engagement, um die Überwachung zu stoppen. Der frühere deutsche Innenminister und heutige Finanzressortchef Wolfgang Schäuble nannte die Vorwürfe unberechtigt.

Skandal

Seit Wochen gibt es Berichte, wonach der US-Geheimdienst NSA im großen Stil die Kommunikation auch von Bürgern in Deutschland auskundschaftet. Details und Umfang sind aber weiter unklar. Die Regierung in Berlin bemüht sich bisher mit begrenztem Erfolg, nähere Informationen aus den USA zu bekommen. Offengelegt hatte den Skandal der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden.

30 Städte

Ein Bündnis von Gegnern der Überwachungspraxis hatte für Samstag in mehr als 30 Städten in Deutschland zu Protesten aufgerufen. Die Demonstrationen bei rekordverdächtigen Sommertemperaturen fielen aber zum Teil kleiner aus als von den Veranstaltern erhofft. In Frankfurt am Main, wo die Organisatoren mit 5.000 Teilnehmern gerechnet hatten, beteiligten sich laut Polizei rund 1.000 Menschen. In München, Berlin und Karlsruhe demonstrierten jeweils rund 500 Bürger gegen Ausspähung, in Hannover und Regensburg waren es jeweils 200. Auch in vielen anderen Städten gab es Kundgebungen.

"Zu unkritisch"

Die SPD kritisierte erneut den Umgang der Regierung mit dem Spähskandal. Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück attackierte Merkel und verlangte von ihr einen offensiveren Umgang mit den USA. Merkel sei den US-Amerikanern gegenüber "zu unkritisch" und gehe mit dem Abhörskandal "mehr als lässlich" um, sagte er gegenüber der Zeitung "Welt am Sonntag". SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel im "Tagesspiegel am Sonntag" vor, sie nehme Grundrechtsverletzungen in Kauf und ducke sich weg.

Aufklärung gefragt

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nahm Merkel in Schutz und bezeichnete Gabriels Wortmeldungen in der Debatte als "ständige Flegeleien". Während der SPD-Chef den "Wahlkampf-Lautsprecher" bediene, kümmere sich die Regierung um Aufklärung. Schäuble sagte im Deutschlandfunk, der Vorwurf, die Regierung tue zu wenig gegen die Überwachung, sei unberechtigt. Er verteidigte die Kooperation mit ausländischen Nachrichtendiensten. Diese sei unverzichtbar für die Sicherheit in Deutschland.

"Wahnhafte Züge"

Der frühere SPD-Innenminister Otto Schily beklagte, die Furcht vor dem Staat trage "teilweise wahnhafte Züge". Man solle nicht so tun, als ob die größte Gefahr für die Menschen in Deutschland von der NSA ausgehe, sagte er gegenüber dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Ich finde manches Getöse, was da im Moment zu hören ist, nicht angemessen."

Cyber-Außenpolitik

Vor dem Hintergrund des Spähskandals will Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle einen Beauftragten für "Cyber-Außenpolitik" berufen. Ein Außenamtssprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Süddeutschen Zeitung". Den Posten soll Dirk Brengelmann übernehmen, der bisher als beigeordneter Generalsekretär für politische Angelegenheiten und Sicherheitspolitik bei der NATO tätig war.

"Nichts ist übrig geblieben"

In der Spähaffäre waren zuletzt auch die deutschen Nachrichtendienste wegen ihrer Kooperation mit der NSA in die Kritik geraten. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla bescheinigte Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst aber einwandfreie Arbeit. Nach Ansicht von Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen sind damit alle Vorwürfe vom Tisch. Er sagte der Zeitung "Die Welt": "Was die angeblichen Verfehlungen der deutschen Nachrichtendienste angeht, bleibt festzustellen: Nichts ist übrig geblieben." (APA, 28.7.2013)