Salzburg – Die Salzburger Festspiele mit einem Opernwerk der Moderne nun auch offiziell beginnen zu lassen, ist wohl als Wink gemeint. Augen und Ohren eher zum Grübeln als zum seligen Träumen anzuregen – das macht sich nicht schlecht in der Festivalbio, sollten wieder Vorwürfe allzu großer Kommerzialität ausbrechen. Und tatsächlich gäbe es selbst im Werkkanon des Zeitgenössischen weniger düstere Opera als Harrison Birtwistles "Gawain".
Das legendenpralle Werk belebt die Geschichte um den Ritter der Tafelrunde, der gleichsam auf eine Reise der Selbsterfahrung geschickt wird, mit flächigen Klangwogen und perkussiv anschwellender Dramatik. Heftig geht es da bisweilen zu. Zudem erschafft Regisseur Alvis Hermanis eine ernüchternde Zukunftsvision, in der sich die Natur einer Postkatastrophen-Zivilisation bemächtigt. Frei von klappernden Ritterrüstungen ist diese Welt, dafür voll des Siechtums und der inhumanen Verrohung. Nur Gawain scheint hier als Aktionskünstler Joseph Beuys gewandet und einige Kunstaktionen Beuys' zitierend etwas von zivilisatorischer Intaktheit zu besitzen.
Die Sänger sind in diesem rostigen Ambiente tadellos: Christopher Maltman ist als Gawain intensiv trotz Ansage. Laura Aikin gibt als Morgan le Fay wunderbare Beispiele kultivierten Hochgesangs. John Tomlinson ist als grüner Ritter vokal glaubhaft herb. Ebenfalls überzeugend Jeffrey Lloyd-Roberts als King Arthur. Dirigent Ingo Metzmacher und das Radio Symphonieorchester Wien setzen diese Musik im Extrovertierten, nie im Dramatischen, mit Akribie um. Sehr freundlicher Applaus für alle Musiker, für die Regie und für den schließlich erscheinenden Komponisten. (
, DER STANDARD, 27./28.7.2013)