Arbeiterinnen in Bytom, Polen, fotografierte Erich Lessing im Jahr 1956.

Foto: Erich Lessing

Graz - Vor wenigen Tagen wurde der legendäre Magnum-Fotograf Erich Lessing 90. Wie der Standard berichtete, gab es zum runden Geburtstag ein großes Geschenk. Allerdings nicht für, sondern von Lessing: Er schenkte sein Fotoarchiv, rund 60.000 Bilder, der Österreichischen Nationalbibliothek. Nicht ganz so viele, dafür einige bedeutende Fotos Lessings, der als junger Mann vor den Nationalsozialisten nach Palästina fliehen musste und erst im Vorjahr seine eigene Fotogalerie in seiner Heimatstadt Wien eröffnete, werden ab nächster Woche im Grazer Atelier Jungwirth gezeigt.

Die Bilder Lessings sind so vielseitig und abwechslungsreich wie sein bisheriges Leben: Geboren als Sohn eines jüdischen Zahnarztes und einer Konzertpianistin, lernte er nach seiner Flucht zunächst Radiotechnik in Haifa, arbeitete zwischendurch als Karpfenzüchter in einem Kibbuz und verdiente sein Geld auch als Taxilenker, bevor er zu seinem Jugendhobby, der Fotografie, zurückfand. Er fotografierte am Strand, in Kindergärten, auf Filmsets (etwa Alexis Sorbas oder The Sound of Music), wurde Fotoreporter der amerikanischen Nachrichtenagentur Associated Press, arbeitete für die Zeitschriften Life, Paris Match und Epoca und wurde 1951 Mitglied von Magnum. Zudem hat Lessing mehr als 60 Kunstbücher produziert - einige versehen mit Texten seiner Ehefrau, einer Journalistin.

Eines seiner berühmtesten Fotos ist ohne Zweifel jenes, das Lessing anlässlich der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrages machte und das zu einer Ikone österreichischer Nachkriegsgeschichte wurde: Es zeigt Leopold Figl und die alliierten Außenminister auf dem Balkon des Belvedere. Doch Lessings Kamera war nicht nur auf Promis ihrer Zeit wie etwa auch den US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower oder den Dirigenten Herbert von Karajan gerichtet.

Egal ob in einer Kohlemine oder auf einem Rummelplatz, Lessing schuf scheinbar überall unvergessliche Bilder, mit denen er in einem kleinen Moment die Ewigkeit aufspürte. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 27./28.7.2013)