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Die Deutschen bejubeln das 1:0 gegen Schweden. Am Sonntag geht es im Finale der EM gegen den Sieger aus Norwegen gegen Dänemark. ÖFB-Teamchef Dominik Thalhammer machte sich vor Ort schlau. Er hofft, dass die Frauen irgendwann von ihrem Job auch leben können.

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Das ÖFB-Team der Frauen ist die Nummer 34, jenes der Männer die 54: "Trotzdem sind die Männer näher an der Weltspitze."

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Wien/Göteborg - Dominik Thalhammer hat sich daran gewöhnt, "dass es Kritiker gibt, die vehement auftreten". Da er kein Tiefenpsychologe, sondern Teamchef der österreichischen Frauennationalmannschaft ist, hat er nicht vor, diese Spezies zu therapieren. "Vergleiche mit dem Männerfußball sind unzulässig, sie langweilen mich. Insgesamt wächst aber die Akzeptanz." Thalhammer hat sich drei Partien der EM in Schweden vor Ort angeschaut, sein Interesse galt den Französinnen und Finninnen, die sind in der WM-Quali Gegnerinnen der ÖFB-Auswahl. "Frankreich ist unglaublich stark, war in Schweden vielleicht sogar die beste Mannschaft." Im Viertelfinale gewann allerdings Dänemark im Elferschießen. Deutschland hat durch ein 1:0 gegen die Gastgeber das Finale erreicht, der sechste Titel in Serie ist nicht auszuschließen. Wobei der 42-jährige Thalhammer sagt: "Deutschland ist im Umbruch."

Der Frauenfußball entwickle sich stetig, das laufende Turnier bestätige das. "Es schaut alles viel strukturierter aus, im taktischen und athletischen Bereich sind die Fortschritte wirklich enorm, man merkt Handschriften, jedes Team hat einen Wiedererkennungswert." Die Spanierinnen etwa erinnerten an die Spanier. "Die Athletik fehlt halt."

Alltagsproblematik

Großveranstaltungen stoßen auf öffentliche Akzeptanz, die EM in Schweden ist gut besucht. Die WM 2011 in Deutschland war ein Straßenfeger. Thalhammer vermisst eine Nachhaltigkeit, der Alltag sei das Problem. Manche Spiele der deutschen Bundesliga werden nur von 300 Zuschauern besucht, es gibt natürlich Ausreißer nach oben. In Österreich wird die Liga, an der zehn Teams teilnehmen und in der Neulengbach am Ende Meister wird, ignoriert. Thalhammer: "Es ist ein weiter Weg." Das Team der Frauen ist die Nummer 34, jenes der Männer die 54. "Trotzdem sind die Männer näher an der Weltspitze."

Österreich hinkt nach, holt aber auf. Das Leistungszentrum in St. Pölten muss sich nicht verstecken, sehr konkret angedacht ist eine Bewerbung für die Ausrichtung der EM 2017. Den Teamchef freut das: "Ein Zeichen."

Speziell die skandinavischen Länder haben aufgrund der Tradition einen Vorsprung. Dort kicken die Mädchen in der Schule, als wären sie Buben. Thalhammer: "Niemand vergleicht." Österreich hat 14.000 registrierte Fußballerinnen, Dänemark (bei drei Millionen weniger Einwohnern) 70.000.

Hierzulande funktioniert der Sport auf Amateurbasis, drei Trainingseinheiten pro Woche sind das Maximum. Deutsche Klubs üben siebenmal, gar nicht so wenige Spielerinnen können vom Job leben. Der EM-Titel wird vom Deutschen Fußballbund mit 22.500 Euro honoriert. Pro Frau.

Vision

Thalhammer: "Eine Vision ist, dass Mädchen bei uns mit dem Fußball zumindest ihre Ausbildung finanzieren können. Noch müssen wir schauen, dass viele ins Ausland gehen. Genau wie bei den Männern profitieren auch wir von den Legionären." Dies sei aber schon der einzig zulässige Vergleich. "Es sagt ja auch niemand, dass Serena Williams schlechter als ein Roger Federer Tennis spielt. In einem Match gegeneinander wäre sie absolut chancenlos. Das ist aber völlig wurscht. Und das ist gut so." (Christian Hackl, DER STANDARD, 26.7.2013)