Eigentlich ist es schade, dass Games derart auf verschiedene Plattformen aufgesplittert sind, die sich untereinander nicht vertragen. Wer "Halo" spielen will, braucht eine XBox, "Last of Us" setzt zwingend eine Playstation voraus und Super Mario und Zelda gibt's nur auf Nintendo. Kein anderes Medium hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen - man stelle sich vor, Leser müssten sich für ein bestimmtes Lesegerät entscheiden, auf dem zum Beispiel "Harry Potter", dafür aber kein Stephen King verfügbar wäre! Wer sich nicht gerade eine Vielzahl an Konsolen und einen Games-PC obendrauf leisten will, hat somit bei manchen Spielen das Nachsehen - eine Balkanisierung, die dem ganzen Medium schadet und es in mehr oder weniger isolierte Inseln zersplittert.

Gemeinsame Zukunft

Zugegeben, bei den meisten großen Blockbustern kann mit Versionen für Xbox, Playstation und PC gerechnet werden, doch für Indies ergab sich lange ein Dilemma: Die Portierung auf andere Hardware kostet oft Unsummen, und auch der Eintritt in die jeweiligen Onlinemarktplätze ist mit Kosten verbunden. Klar, dass das offene, niederschwellige Ökosystem des PCs zur lebhaftesten Indie-Plattform wurde. Inzwischen wendet sich das Blatt ein wenig: Dank universaler Engines wie Unity verringern sich zumindest die Hürden zwischen PC, Mac, Linux und mobilen Plattformen, und auch zwischen wuchernder PC-Indieszene und den kleineren Konsolen-Indies gibt es mehr Austausch.


(Bild: Playdead)

Das großartige "Limbo" ist etwa seit kurzem auch für iOS zu haben, "Spelunky" http://spelunkyworld.com/ kehrt nach seiner Geburt als PC-Freeware-Titel und der Deluxe-Version für XBox360 in Kürze auf Hochglanz poliert zum PC zurück und das blutig-geniale "Hotline Miami" http://hotlinemiami.com/ gibt's seit kurzem für PS3 und Vita - Sonys schon totgesagte Handheld-Konsole hat sich ohnedies als wahre Indie-Maschine herausgestellt.

Man sieht: Es gibt Fortschritt auf dem Weg in eine Games-Zukunft, in der jeder Spieler unabhängig vom Spielgerät das Beste aus allen Welten spielen kann. Bis wir dort sind, wird es noch etwas dauern - in der Zwischenzeit die besten Indie-Spiele des vergangenen Monats.

State of Decay (Xbox360, PC in Vorbereitung ca 20 Euro)

Wer meinte, im ausgetretenen Zombie-Genre gäbe es nix Neues mehr zu erleben, aufgepasst: Die Survival-Simulation "State of Decay" macht so viel richtig, anders und aufregend gut, dass es eigentlich unverständlich ist, warum bei all dem Zombie-Hype da vorher keiner draufgekommen ist. In der Open-World-Zombieapokalypse sind wir mit frei wechselbarem Personal stets damit beschäftigt, das Leben unserer kleinen Gemeinde zu beschützen, diverse Missionen zu erledigen und vor allem die stets zu knappen Ressourcen zu managen.

Als reines Singleplayerspiel erübrigt sich der Vergleich zum großartigen "Day Z", aber "State of Decay" schafft es ebenso, immer wieder großartige Geschichten und spannende Situationen rein aus seinen Systemen und seinem offenen Gameplay zu generieren - ein Kunststück, das nur das Medium Games zuwege bringt. "The Sims" trifft "Day Z" trifft "Left4Dead" - XBox-Spieler, die neidvoll zu Sonys Exklusivtitel "Last of Us" schielen, können sich mit dieser Zombie-Sandbox trösten.

Foto: Undead Labs

Cubeworld (PC, Mac, 15 Euro (Alpha-Access))

Wer sich per Early Access Zugang zur Alpha eines Spieles in Entwicklung kauft, sollte wissen, was ihn erwartet: kein fertiges Spiel, aber dafür die Chance, einem Titel quasi bei der Entstehung zuzusehen. Millionen "Minecraft"-Spieler haben's nicht bereut, und auch "Cubeworld" lädt schon jetzt, Monate vor der Fertigstellung, zum Anspielen ein. Nicht nur das Geschäftsmodell, auch die Grafik erinnert an das Klötzchenwunder "Minecraft", doch damit enden die Gemeinsamkeiten: "Cubeworld" ist ein klassisches Fantasy-Exploration-RPG mit wunderschönen, im Voxelstil prozedural generierten Welten, NPCs und Missionen, in dessen Bergen, Wäldern und Schluchten man sich staunend und bezaubert immer wieder gern verirrt.

Noch fehlt eine Kampagne, noch fehlen Story, Feintuning und ein Spielziel abseits der Jagd nach XP und Loot - und doch wartet "Cubeworld" schon jetzt mit so viel Herz auf, dass man dem Liebesprojekt eines deutschen Entwicklerehepaares wegen dieser Alpha-Schwächen nicht böse sein kann. Allein oder im Multiplayer: Aus "Cubeworld" wird noch was ganz, ganz Großes. Wer schon jetzt auf der Baustelle vorbeischauen will, findet einen Rohdiamanten mit Suchtpotenzial und Tiefe.

Foto: Picroma

"Hero of Many" (iOS, Android, 3,49 Euro)

In einem übervollen Marktplatz wie dem Appstore braucht es Style, um herauszustechen, und "Hero of Many" hat Style im Überfluss. Die tschechischen Entwickler waren früher beim "Mafia"-Entwickler 2k Czech beschäftigt, und das hört und sieht man: In dieser abstrakt-bizarren Odyssee durch biologische und geologische Untiefen sind sowohl Grafik als auch Soundkulisse vom Allerfeinsten.

Als unbestimmter, leuchtender Organismus schwimmt man in Begleitung einer treuen Anhängerschaft winziger Fischchen durch ein Labyrinth voller Gefahren und bekommt dabei ganz ohne Worte und souverän sogar eine Geschichte erzählt, der die simplen Mittel des Gameplays zum Erzählen ausreichen - meisterhaft. Die scherenschnitthafte Grafik, der gruselig-atmosphärische Ambient-Sound, die bombastische Musik und der simple Charme des Gameplays machen "Hero of Many" zum iOS-Tipp der Stunde.

Foto: Trickster Arts

Storm (PC. Xbox 360, PSN, ca. 9 Euro

Als Wettergott spielt man in "Storm" mit den Elementen: In diesem hübschen Physikpuzzler bringt man Samen zum Sprießen, indem man sie per Windhauch, Regenguss oder Blitzschlag durch frühlingshafte Landschaften bugsiert. Was entspannt beginnt, wird schnell zum angenehm herausfordernden Mix aus Rätseln und Geschicklichkeitstest vor meditativ-beschaulicher Naturkulisse. Die Genialität von "Flower" erreicht das solide "Storm" nicht, dafür lädt es mit abwechslungsreichem Design, hübschen Grafikeffekten und atmosphärischem Sound immer wieder zu entspannendem Wetterzaubern ein. Ein Spiel für alle Altersklassen.

Foto: Eko Software

Rogue Legacy (PC, Mac, ca. 13 Euro)

Ohne Rogue-like geht's nicht: Die Erben des Ururururgroßvaters des Original-"Diablo"-Prinzips setzen sich in immer neuen Mutationen durch, behalten aber ihre wichtigsten Eigenschaften verlässlich bei: Zufallsgenerierung, ein Fokus auf Gegenständesammeln und eine gewisse Härte. "Rogue Legacy" bringt uns nun die Vermählung dieses Spielprinzips mit dem guten, alten "Ghosts 'n' Goblins", und wer diesen bockschweren Klassiker noch in Erinnerung hat, weiß, dass nun Leiden angesagt ist.

Als Rittersmann stürzt man sich denn auch 2013 in immer wieder neu generierte Schlösser voller Monster und Fallen, nach dem Ableben allerdings kommen unsere Nachkommen zum Zug - und die sind, nun ja, des Öfteren erblich belastet: Als kurzsichtiger Ritterspross müssen wir das Spiel verschwommen absolvieren, bei Zwergenwuchs fühlen wir uns wie Gulliver im Land der Riesen, während andere unserer spielbaren Nachkommen Riesen mit Blähungen sein können - für Abwechslung ist also gesorgt.

Schade nur, dass "Rogue Legacy" durch seine Unbarmherzigkeit etwas gar viel Masochismus von seine. Spielern einfordert. Hartgesottene Jump'n'Run-Bezwinger wird's nicht stören, aber Einsteiger werden wohl des Öfteren frustriert ins Gamepad beißen.

Foto: Cellar Door Games

Übrigens: Haben Sie sich auch schon mal gefragt, wer nach den Games-typischen Massakern auf diversen Raumstationen dafür sorgen muss, dass wieder alles hübsch steril blitzt und funkelt? "Viscera Cleanup Detail" hat die Antwort auf diese drängende Frage.

In Gestalt eines Raumstationshausmeisters stellt uns das  als kostenlose Alpha downloadbare Spiel vor die leicht widerwärtige Aufgabe, sauberzumachen - und dem Blut, dem Gedärm und den Kampfspuren nach zu urteilen, war unser Einsatzgebiet wohl noch kurz zuvor Schauplatz eines besonders blutigen First-Person-Shooters. Ein Herz fürs Raumpflegepersonal! (Rainer Sigl, derStandard.at, 30.07.2013)

Foto: Runestorm