Wien - Die Regierung hat im Sommerministerrat am Montag eine weitere wegweisende Justizentscheidung getroffen, die im Wirbel um die Richterbestellungen für das Bundesverwaltungsgericht untergegangen ist. Rudolf Thienel (52) folgt am 1. Jänner 2014 Clemens Jabloner als Präsident des Verwaltungsgerichtshofs. Thienels Nachfolgerin als Vizepräsident soll Anna Sporrer (51) werden, derzeit hochrangige Juristin im Bundeskanzleramt. Entsprechende Informationen bestätigte ein Sprecher des Kanzleramts am Donnerstag.

Thienel gilt als ÖVP-nah, so war er etwa 2004/05 Fraktionsexperte der ÖVP in den Beratungen des Österreich-Konvents. Sporrer wiederum wird der SPÖ zugerechnet, unter anderem war sie in den 90er-Jahren rund eineinhalb Jahre lang im Ministerbüro der damaligen Frauenministerin Helga Konrad (SPÖ) tätig. Gemeinsam mit der Nachfolge Jabloners, der in den Ruhestand tritt, war im Juni vorsorglich gleich der Stellvertreter-Posten ausgeschrieben worden - eben für den Fall, dass Thienel zum Zug kommt.

Bundeskanzleramt: Kein Proporz

Von Proporzkritik - etwa, dass die Bundesregierung noch rechtzeitig vor der Wahl eine ihr genehm gefärbte VwGH-Spitze fixiert - will man im Bundeskanzleramt indes nichts wissen. Dass die Entscheidung ein halbes Jahr vor Jabloners Abschied fällt, sei unter anderem dessen eigener Wunsch gewesen, hieß es. Jabloner sei es ein Anliegen gewesen, dass der neue Vorsitz eng in die Vorbereitungen für die Etablierung der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit eingebunden ist. Was die Personalentscheidungen konkret betreffe, so sei das Ausschreibungsverfahren völlig korrekt abgelaufen, die fachlichen bzw. juristischen Kompetenzen der beiden seien unumstritten.

Fischer muss unterzeichnen

Die Entscheidung für Thienel und Sporrer muss noch von Bundespräsident Heinz Fischer unterzeichnet werden. Das kann allerdings noch einige Zeit dauern. Wie Fischers Sprecherin sagte, treffe der Bundespräsident solche Entscheidungen grundsätzlich nicht mit so langer Vorlaufzeit, sondern innerhalb einer Frist von maximal drei Monaten. Dass sich die neue Spitze schon jetzt mit der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit befasst, stehe dem ja nicht entgegen. 

Vier Bewerbungen

Für das Amt des VwGH-Präsidenten gab es laut Bundeskanzleramt vier Bewerbungen, für jenes des Vizepräsidenten neun, wobei sich einige Personen auch für beide Positionen beworben hatten, wie es hieß. Bezüglich möglicher Proporzkritik hielt indes der künftige Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Rudolf Thienel fest: "Die politische Überzeugung hat mit dem Amt nichts zu tun."

"Ich gehe davon aus, dass ich aufgrund meiner Expertise und Fachkompetenz für diese Position vorgeschlagen wurde", sagte er. Er kann auf eine langjährige Universitäts-Karriere und rund sechs Jahre als Vizepräsident des VwGH verweisen. Eine politische Überzeugung zu haben, sei ein Grundrecht, das auch für Beamte gelte.

"Ich bin Mitglied der ÖVP"

"Ich sage ganz offen, ich bin Mitglied der ÖVP", so Thienel. "Und ich werde auch nicht austreten." Es sei selbstverständlich, zwischen persönlicher Einstellung und Amtsführung zu unterscheiden. Und "ich habe mich in Fachfragen auch nie gescheut, Positionen zu vertreten, die der ÖVP nicht gefallen haben".

Zudem sei er "nie politischer Funktionär gewesen, nie in einem Ministerbüro". Wobei er die Debatte über neue Verwaltungsrichter mit einer Kabinett-Vergangenheit auch differenziert sieht. Denn "eigentlich würde ich jedem Minister raten, sich in sein Kabinett Top-Fachleute zu holen". Und die könnten wohl auch nicht den Rest ihres Lebens mit Berufsverbot belegt werden, meinte er sinngemäß. (APA, 25.7.2013)