Eine der wenigen auch für NutzerInnen sichtbaren Verbesserungen von Android 4.3 sind eingeschränkte Profile beim Multi-User-Support für Tablets.

Grafik: Google

Optional ist die Autovervollständigung im Dialer.

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Das Gros der Neuerung ist vor allem für EntwicklerInnen interessant, wie etwa die Visualisierung von Performancecharakteristika direkt im laufenden Betrieb.

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Android 4.3 auf dem Nexus 4.

Screenshot: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Im Rahmen eines Presseevents hat Google am Mittwochabend eine neue Generation seines Tablets Nexus 7 sowie den Media-Streamer Chromecast veröffentlicht. Dass parallel dazu auch eine neue Android-Version vorgestellt wurde, ging beinahe etwas unter. Nur wenige Minuten widmete sich die Präsentation den Neuerungen von Android 4.3.

Android 4.3

Eine Entscheidung, die durchaus verständlich ist, bietet die neue Version doch wenige im Rahmen eines solchen Events gut vorzeigbare neue Funktionen. Das bedeutet aber nicht, dass sich nichts getan hat, ganz im Gegenteil: Die mittlerweile dritte Ausgabe von "Jelly Bean" zeichnet sich durch eine Fülle von interessanten Verbesserungen "unter der Haube" aus, über die sich zunächst vor allem EntwicklerInnen freuen dürfen - und erst in der Folge auch die KonsumentInnen.

Multi-User

Doch zuerst ein Blick auf die offensichtlichen Verbesserungen: Wie auch im Rahmen der Präsentation vorgezeigt, wird mit Android 4.3 der Multi-User-Support verfeinert. So gibt es nun die Möglichkeit, statt gänzlich neuen NutzerInnen-Accounts auch "Profile" anzulegen. Diese besitzen zwar auch einen getrennten Speicherort und ihre eigenen Einstellungen, teilen sich aber die installierten Anwendungen mit dem Hauptaccount.

Vorteile

Das heißt, sie können alle am Hauptaccount installierten Apps und Spiele mitnutzen, bei eigenständigen UserInnen ist hingegen auch der Play Store getrennt. Zudem können für jedes Profil gezielte Beschränkungen festgelegt werden, was etwa für das Einrichten von Gast-Accounts, aber vor allem für Eltern interessant sein könnte. So kann dann etwa festgelegt werden, dass der Nachwuchs zwar einzelne im Hauptaccount erworbene Titel spielen kann, aber keinen neuen Games erwerben oder In-Game-Käufe tätigen kann.

Einschränkung

Aus EntwicklerInnensicht interessant: Apps können selbst festlegen, welche Beschränkungen sie anbieten. So könnte dann etwa eine Video-Streaming-Lösung Altersbeschränkungen anbieten. Wer all das nicht will, kann allerdings ebenso festlegen, dass die eigene App in eingeschränkten Profilen gar nicht benutzt werden kann. Unverändert bleibt übrigens, dass der Multi-User-Support Tablets vorbehalten bleibt.

Kamera

Bereits vorab bekannt wurde ein Update der bei Android mitgelieferten Kamera-App: Dieses konzentriert sich zunächst auf Interface-Feinschliff, nachdem die Art der Anwahl von Optionen unter Android 4.2 auf begrenzte Begeisterung gestoßen ist. Zudem hat Google aber ordentlich an seinen Photo Spheres gefeilt, sodass die Ergebnisse der Street-View-ähnlichen Aufnahmen deutlich besser geworden sind. Beim Dialer ist Autovervollständigung hinzugekommen, die beim Eintippen passende Telefonnummern aus dem Adressbuch einblendet. Diese ist allerdings optional, muss also über die Einstellungen bei der App gezielt aktiviert werden.

Abgefragt

Wer sein Gerät neu einrichtet wird merken, dass die diesbezüglichen Dialoge einmal mehr überarbeitet wurden. Deutlich ausgebaut wurde die Unterstützung für von rechts nach links schreibende Sprachen, die nun auch im Dialer oder beim Lock-Screen zum Tragen kommt.

OpenGL ES 3.0

Ausführlich wurde in der Google-Präsentation die Unterstützung von OpenGL ES 3.0 gewürdigt. Und dies zurecht, sollen damit doch künftig grafisch deutlich komplexere Spiele als bisher möglich werden. Immerhin bietet OpenGL ES 3.0 Hardwarebeschleunigung für zahlreiche zusätzliche Effekte, besseres Texturen-Rendering sowie standardisierte Texturengrößen und Render-Pufferformate. Die Unterstützung von OpenGL ES 3.0 hängt allerdings auch von der zugrundeliegenden Hardware ab, bei Googles eigenen Geräten fallen derzeit das neue Nexus 7, das Nexus 4 und das Nexus 10 in diese Kategorie.

Bluetooth Smart

Ein weiteres Highlight ist die Unterstützung von Bluetooth Smart (auch als Bluetooth Low Energy bekannt, Anm.), das vor allem bei Sensoren und Geräten mit geringer Batterieversorgung seinen Einsatz findet. Android 4.3 bietet eine Reihe von APIs über die Apps nach entsprechenden Geräten scannen und mit ihnen kommunizieren können. Interessant könnte dies beispielsweise für eine neue Generation von Fitness-Apps werden. Auch Bluetooth Smart hängt vom Hardwaresupport ab, das aktuelle Nexus 7 und das Nexus 4 bieten aber zumindest schon mal die nötigen Voraussetzungen. Eine weitere Neuerung in diesem Bereich: Über Blueooth AVRCP 1.3 können Apps besser mit Streaming-Services zusammenarbeiten, etwa jetzt auch Metadaten zu einzelnen Songs mitschicken.

Performance

Immer gut zu hören: Android 4.3 bringt wieder eine Reihe von Performanceoptimierungen. So optimiert der hardwarebeschleunigte 2D-Renderer nun automatisch die Reihe von anstehenden Aufgaben, um einen reibungslosen Verlauf zu gewährleisten. Außerdem kann der Renderer nun für gewisse Aufgaben das Multithreading über mehrere Prozessorkerne ausdehnen. Einige Geschwindigkeitsverbesserungen gab es zudem bei der Schriftdarstellung, die auch noch in der Qualität verbessert wurde. Ganz allgemein fühlt sich das System sowohl auf Nexus 4 als auch auf dem Nexus 7 nun noch einen Tick flotter an.

Aufspüren

Performance-Defizite sind allerdings oft gar nicht auf das System selbst sondern auf schlecht programmierte Apps zurückzuführen. Also führt Google mit Android 4.3 einige zusätzliche Tools ein, um die Performance-Analyse zu erleichtern. So kann über die Entwicklungseinstellungen ein spezieller Darstellungsmodus aktiviert werden, der bei allen Aktivitäten live die Framerate anhand einer Kurve als Overlay darstellt, etwaige Probleme also direkt offenbart. Außerdem gibt es eine neue Version des Systrace-Tools mit der nun  weitere Bereiche wie Hardware-Module oder die Dalvik VM analysiert werden können.

Hardwaresupport

Mit dem im Mai vorgestellten Update für die Google Play Services hat das Unternehmen unter anderem eine Reihe von neuen APIs für ortsabhängige Services eingeführt. Mit Android 4.3 verbessert man nun deren Unterstützung im Betriebssystem selbst, dies vor allem mit dem Ziel den Stromverbrauch weiter zu drücken. So können bei Geräten mit entsprechender Hardware - einmal mehr werden das Nexus 4 und das neue Nexus 7 gennant - örtliche Begrenzungen für die Lokalisierung (Geofencing) nun hardwaregestützt berechnet werden. Ebenfalls neu ist die Möglichkeit WLAN auch dann zur Positionierung zu nutzen, wenn entsprechende Verbindungen eigentlich gerade deaktiviert sind.

Benachrichtigungen

Mit Android 4.3 führt Google neue Möglichkeiten im Zusammenhang mit Benachrichtigungen ein: So können einzelne Apps - mit Zustimmung der NutzerInnen - nun alle Benachrichtigungen mitlesen und weiterverwerten, etwa auch an ein anderes Gerät in der Umgebung ausgeben. Interessant könnte dies gerade im Zusammenhang mit Wearables sein, an die das Smartphone dann einfach die wichtigsten Nachrichten "pusht". Über die Einstellungen können die NutzerInnen gezielt festlegen, welche Apps Zugriff auf die Benachrichtigungen haben, ihnen diesen Zugriff also explizit auch wieder verbieten.

Audio und Video

Eine ganze Reihe von Änderungen fallen in den Bereich Audio/Video: So gibt es nun ein neues, modulares DRM-Framework mit dem Apps ihre Inhalte schützen können. Zudem ist nun ein vollständiger VP8 Encoder enthalten, den Apps zur Erstellung von Videos in dem von Google vorangetriebenen Video-Format nutzen können. Besonders interessant ist dies für das Nexus 4, das neue Nexus 7 und das Nexus 10, erfolgt das Encoding hier doch hardwarebeschleunigt.

Vermischtes

Mit der dritten Auflage von Jelly Bean bekommen Fernsteuerungs-Clients neue Möglichkeiten: So kann nun etwa ein Widget für einen Musikplayer auch gezielt an eine Stelle im aktuellen Lied vorspringen oder die Abspielgeschwindigkeit erhöhen. Ebenfalls neu: Es gibt nun einen neuen "Overlay"-Modus mit dem sich etwa Videoclips über dem eigentlichen Geschehen darstellen lassen, bleibt abzuwarten, wann die ersten Apps diese Möglichkeit nutzen werden.

Sicherheit

Mit Android 4.3 werden einige wichtige Sicherheitsverbesserung vorgenommen: Ab sofort ist das Sicherheitsframework SELinux von Haus aus aktiviert. Mit diesem lassen sich über Policys gezielt die Möglichkeiten einzelner Programme beschränken. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass es deutlich schwieriger werden sollte, etwaige Sicherheitslücken auch wirklich für einen erfolgreichen Exploit zu nutzen.

Schlüsselfragen

Ebenfalls interessant: Der Schlüsselring kennt nun eine Methode mit der Passwörter / Schlüssel so abgespeichert werden können, dass sie selbst im Falle eines Root-Zugriffs auf das Gerät nicht einsichtig sind. Zudem können Apps nun private Schlüssel anlegen, die nur ihnen vorbehalten sind, von anderen Programmen also nicht gesehen werden können. Vor allem für den Firmenbereich relevant sind neue APIs mit denen Apps  die Authentifizierung für WPA2 Enterprise WLAN-Netze vornehmen können.

Versteckt

Und dann gibt es noch ein Feature, über das Google in seinen Release Notes nicht spricht, auf das aber wohl so manche gewartet haben: Wie ein findiger Nutzer herausgefunden hat, lassen sich mit Android 4.3 den installierten Apps nun gezielt einzelne Berechtigungen entziehen. Dieses Feature scheint noch nicht vollkommen fertiggestellt zu sein, wird es doch bisher nicht in den Einstellungen gelistet. Über alternative Launcher lässt sich aber bereits darauf zugreifen - und ist voll funktionsfähig.

Update

Android 4.3 wurde mittlerweile im Source Code veröffentlicht, wie gewohnt beginnt nun also das Warten darauf, ob und wann bestehende Geräte mit einem Update versorgt werden. Eine Ausnahme bilden hier nur die aktuellen Nexus-Geräte von Google selbst: Für Nexus 4/7/10 wurden umgehend die "Factory Images" von Android 4.3 veröffentlicht, mit denen sich das System vollständig neu aufsetzen lässt. Dabei gehen allerdings die Daten verloren, wer dies nicht will, wartet lieber auf die Auslieferung "over the air" oder installiert das Update - bei Vorhandensein der nötigen Tools - manuell per "adb sideload". Wie das geht, verrät Android Police, dies anhand des aktuellen Updates für das Nexus 4. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 25.07.13)