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Zwei Landesräte, ein Landeshauptmann: Die Dreier-Koalition in Kärnten kämpft mit Altlasten.

 

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Klagenfurt – Eigentlich hätte der Neustart der rot-schwarz-grünen Dreierkoalition in Kärnten für die kommenden Wahlen auf Bundesebene kräftigen Aufwind geben sollen. Doch das scheint trotz der für sie desaströsen Abwahl der Kärntner Freiheitlichen gründlich verpatzt. Vor allem für die Kärntner Sozialdemokraten. Ob sie ihr erklärtes Ziel erreichen, wie bei den Landeswahlen auch bei der Nationalratswahl die 30-Prozent-Marke zu knacken (2008 hatten sie 28,1 Prozent), scheint mehr als offen.

Rote und blaue Altlasten

Denn nicht nur die wiedervereinigten Blauen, sondern auch die Sozialdemokraten haben schwer an ihren Altlasten aus der Ära Jörg Haiders zu tragen. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt ebenso gegen frühere FPK- wie auch gegen SPÖ-Landesräte. Letztere müssen sich jetzt wegen Aufträgen an die ehemals parteieigene Werbeagentur Top Team mit der Justiz herumschlagen.

Und wegen eines überteuerten Seegrundstückkaufs von ÖGB und Bawag durch die Landesregierung, den einst Jörg Haider einfädelte und der von sämtlichen Landesräten einhellig abgenickt wurde. Auch der neue Landeshauptmann Peter Kaiser, seine Finanzlandesrätin Gaby Schaunig und der heutige Landtagspräsident Reinhart Rohr sind in beiden Fällen betroffen und mussten sich bereits vor einem Untersuchungsausschuss rechtfertigen.

Wie bei den Freiheitlichen steht auch hier der Verdacht der Untreue, der illegalen Parteienförderung und diverser Verstöße gegen das Vergabegesetz im Raum.

Dabei geht es in Kärnten bei den Nationalratswahlen eigentlich um jene 132.711 Stimmen (oder 38,5 Prozent), die Haider 2008 für das BZÖ in einer sensationellen Aufholjagd heimgeholt hatte. SPÖ, ÖVP, BZÖ und das Team Stronach buhlen jetzt um diesen Teil seines Kärntner Erbes.

Derzeit ist vom Bundeswahlkampf in Kärnten nichts zu spüren. Man hütet sich wohl, in den Kärntner Sumpf mit hineingezogen zu werden.

FPÖ-SPÖ-Kleinkrieg

Auf Landesebene aber tobt ein Kleinkrieg zwischen SPÖ und der rachsüchtigen FPÖ. Beide Parteien werfen einander massive Verstöße gegen die von der Dreierkoalition beschlossene Wahlkampfkostenbeschränkung vor.

SPÖ-Klubobmann Herwig Seiser wies am Mittwoch sämtliche Vorwürfe in der Top-Team-Causa zurück. Das SPÖ-Präsidium habe sich nie mit Top Team beschäftigt, Landeshauptmann Kaiser (damals Gesundheitslandesrat) sei nie über die Auftragsvergabe informiert gewesen, und es habe auch laut Protokollen nie einen Belastungszeugen gegen Kaiser gegeben.

SPÖ-Geschäftsführer Daniel Fellner vermutet einen Hinterhalt der Bundes-ÖVP: "Es ist schon seltsam, dass es bei den Korruptionsermittlungen gegen die Freiheitlichen seit Jahren kein konkretes Ergebnis gibt." Zumal das Justizministerium tiefschwarz sei und die Kärntner SPÖ die Kärntner Wende herbeigeführt habe. "Jetzt ist nur von Top Team die Rede, aber nicht etwa von den Scheinrechnungen der FPK-Werbeagentur Connect oder von der Landesbroschüre mit eindeutiger BZÖ-Werbelinie", sagt Fellner.

Das bestreitet man in der Kärntner ÖVP natürlich. Doch ÖVP-Chef und Spitzenkandidat Gabriel Obernosterer erhöht auch den Druck auf die SPÖ-Spitze und hält unmissverständlich fest: "Wenn es in der Top-Team-Affäre zu einer Anklage im Hauptverfahren kommt, dann muss Kaiser sofort zurücktreten." Und wenn nicht? Obernosterer: "Dann verlassen wir sofort die Koalition." Schließlich habe die Kärntner ÖVP als Einzige nach dem Birnbacher-Prozess einen klaren personellen Schnitt gesetzt.

Für die FPÖ, das BZÖ und das Team Stronach sind die roten Kärntner Malaisen im Nationalratswahlkampf ein gefundenes Fressen. "Es ist eine Ironie des Schicksals, dass die SPÖ jahrelang die blaue Korruption kritisiert hat und sich jetzt selbst diesbezüglich vor dem Staatsanwalt wiederfindet", sagt Gerhard Köfer, Ex-Roter und jetzt TS-Chef.

Auffallend zurückhaltend verhalten sich die Grünen gegenüber dem roten Koalitionspartner. Nur mit Mühe und Not ließen sie sich überzeugen, die in den Seegrundstück-Deal involvierten Politiker noch vor der Bundeswahl beim Seen-Untersuchungsausschuss aufmarschieren zu lassen.

Ob all die Kärntner Wirren Einfluss auf die Nationalratswahl haben? Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle: "Das glaube ich nicht. Da geht es um das Kanzlerduell. Wenn es allerdings in der Top-Team-Affäre zu einer Anklage kommt und Peter Kaiser zurücktreten muss, dann könnte das auch Werner Faymann beschädigen." (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 25.7.2013)