Murobushi denkt an die Wasserleichen seiner Kindheit.

Foto: Miro Ito

Der Versuch, Tanz in Worte zu kleiden, ist immer eine Herausforderung. In Bezug auf Butô, die Ende der 1950er-Jahre von Tatsumi Hijikata und Kazuo Ôno geschaffene japanische Tanzform, die auch "Tanz der Finsternis" genannt wird, ist es noch schwerer. Denn Butô verwehrt sich jeglichem rationalen Erfassen.

Er versteht sich als eine Kunstform, die stark an der hinter Worten, Gedanken und selbst hinter Emotionen liegenden Innenwelt und ursprünglichen Körperlichkeit des Tänzers ausgerichtet ist, die man selbst sehen muss, um etwas darüber zu wissen.

Nun gibt es bei Impulstanz wieder die Möglichkeit, Butô selbst zu sehen, wenn Ko Murobushi, einer der bedeutendsten Butô-Tänzer der Gegenwart, sein Solo Ritournelle / Danse 'Mille Plateaux' vol.1 uraufführt. Der 61-Jährige ist seit dem ersten Performancefestival der Tanzwochen Wien im Jahr 1988 regelmäßig sowohl auf der Bühne als auch als Workshop-Leiter bei Impulstanz zu Gast.

Für sein neues Solo griff Murobushi auf innere Bilder zurück, die seine Hinwendung zum Tanz mitbegründeten: die Erfahrung toter Körper sowie die Vorstellung, selbst tot zu sein. An der Küste aufgewachsen, erlebte Murobushi als Kind die Kraft der Wellen - mehrmals wäre er fast ertrunken. Zudem sah er an den Strand geschwemmte, mit Grasmatten abgedeckte Körper von Toten. "Seitdem habe ich eine Vorstellung von mir selbst, wie ich unter einer Grasmatte liege, nachdem ich viel Meerwasser geschluckt habe und ertrunken bin."

Der Künstler, der Butô als "Tanz des Flusses, der gefährlichen Fragilität und unerschrockenen Kraft des Lebens" beschreibt, will in diesem Solo seinen Körper sich selbst entgegenwerfen, verschiedene Formen seines Selbst erfassen und wieder loslassen. Es klänge unmöglich, wäre es nicht Butô. (Sabina Zeithammer, Spezial, DER STANDARD, 23.7.2013)