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Am Strand von Copacabana kann man den hohen Besuch kaum noch erwarten.

Foto: Reuters / Sergio Moraes

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Aus Sand gebaut: Papst Franziskus an der Copacabana.

Foto: AP Photo/Victor R. Caivano

Die Stadt am Zuckerhut hat sich auf den Ansturm von bis zu zwei Millionen Pilgern vorbereitet, die Papst Franziskus auf seiner ersten Auslandsreise begrüßen werden. Fast die gesamte Woche wurde in Rio de Janeiro zu Feiertagen erklärt, um das Verkehrschaos während der Weltjugendtage, die Anlass des Besuches sind, in Grenzen zu halten. Rund 10.000 Soldaten verstärken die örtliche Polizei. Schon am Wochenende prägten kleine und große Gruppen von Jugend­lichen das Stadtbild. "Wir sind Touristen gewohnt, aber diesmal reicht unsere Kapazität kaum aus", erklärte João Resende, der gut gelaunt hinter seinem Imbiss-Tresen in Stadtzentrum steht. Der Handel erwartet Mehreinnahmen von gut hundert Millionen Euro.

Und auch die katholische Kirche in Brasilien erhofft sich vom Papstbesuch neuen Schwung. 65 Prozent der Menschen im größten Land Lateinamerikas sind katholisch. Noch vor zehn Jahren waren es 74 Prozent. Evangelikale Pfingstkirchen erfreuen sich vor allem in den Armenvierteln enormen Zulaufes. Ihre Gottesdienste mit viel Musik und populären Predigten scheinen die Menschen mehr anzuziehen als die eher strengen katholischen Riten.

"Unsere größte Herausforderung ist, auf die Jugend zuzu­gehen", sagt daher der Erzbischof von São Paulo, Odilo Scherer. Das Image des neuen Kirchenoberhauptes aus dem Nachbarland Argentinien ist dabei eine wichtige Hilfe: Franziskus ist volksnah, gesprächig und bescheiden, ganz so, wie es sich die Brasilianer wünschen. Trotz der angespannten Sicherheitslage wird er für das Bad in der Menge wohl auf das gepanzerte Papamobil verzichten.

Der 76-Jährige hat sich ein Marathonprogramm vorgenommen. Am Montag wird er von Präsidentin Dilma Rousseff in Rio de Janeiro empfangen. Dann stehen Be­suche in Favelas, in Krankenhäusern und Gesprächsrunden mit Jugendlichen sowie Kirchenvertretern an. Per Hubschrauber geht es dann zum 250 Kilometer entfernten Nuestra Señora Aparecida im Bundesstaat São Paulo, dem wichtigsten Wallfahrtsort Brasiliens.

Zurück in Rio de Janeiro, wird Franziskus im Rahmen des Weltjugendtages am berühmten Strand von Copacabana der Kreuzweg­-Inszenierung beiwohnen.

Kirche muss Stärke zeigen

Am anderen Ende Rio de Janeiros, im 50 Kilometer entfernten Stadtteil Guaratiba, wird er danach prominentester Teilnehmer des Weltjugendtages sein und die mit Spannung erwartete Abschlusspredigt halten. "Seine Botschaft wird von den Problemen der Menschen handeln, er wird
zu den Herausforderungen der Gesellschaft und der Kirche in Lateinamerika Stellung nehmen", sagt der brasilianische Kardinal Raymundo Damasceno voraus. Vier von zehn Katholiken leben auf dem Subkontinent, hier muss ihre Kirche Stärke zeigen.

Der Besuch des Papstes fällt mit  unruhigen Zeiten zusammen, die Brasilien derzeit durchlebt. Vergangenen Monat gingen Hunderttausende auf die Straßen, um für bessere öffentliche Dienstleistungen und gegen Korruption und gewalttätige Polizeieinsätze zu protestieren. Rousseff, die bisher sehr beliebte Präsidentin, stürzte in Umfragen ab, der Kongress beschloss eine Vielzahl von Gesetzesinitiativen, um den Demons­tranten entgegenzukommen.

Zum Papstbesuch werden neue Proteste erwartet. Der Geheimdienst warnte insbesondere vor spontanen Protestaktionen, die über die sozialen Netzwerke organisiert werden. Ein Thema werden die hohen Kosten des Staatsbesuchs sein, der die öffentliche Hand mindestens 80 Millionen Euro kosten wird. Feministinnen kündigten einen Protestmarsch an, auch die Schwulenbewegung will das religiöse Woodstock nutzen, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen.

"Der Papst ist nicht für die Sünden der brasilianischen Politiker verantwortlich", erklärte kürzlich der Bürgermeister von Rio de Janeiro, Eduardo Paes, selbst Adressat heftiger Proteste im vergangenen Juni. "Aber wenn Korrupte beichten sollten, wird Franziskus ihnen vergeben."

Aus Österreich werden in Rio rund 500 Pilger aus Ordensjugenden und der Katholischen Jugend erwartet. Zudem wollen der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn und der Weihbischof der Diözese Graz-Seckau, Franz Lackner, nach Brasilien reisen. (Andreas Behn, DER STANDARD, 22.7.2013)