Vor 65.000 Fans in der Wiener Krieau ließ er dafür den Hofnarren heraushängen.

Wien - Robbie Williams möchte wohl die soeben untergegangene Sonne vertreten, als er am Mittwochabend in der Wiener Krieau vor 65.000 Fans an einem Drahtseil auf die Bühne herabschwebt. Er steigt aus einer riesigen goldenen Nachbildung seines Kopfes, die die Bühnenrückseite ohne das geringste Understatement ziert. Das ebenso edle wie leere Konterfei sollte sich später - recht sinnreich - als Display herausstellen.

Vom Fußboden bis zu den Lautsprechern ist hier alles vergoldet. Immerhin will der 39-jährige Brite in den kommenden zwei Stunden den Ehrgeiz kundtun, zum König des Entertainments aufzusteigen. Take The Crown heißt die Welttournee, es ist die erste nach sieben Jahren. Williams ist jetzt frischgebackener Vater.

"Hello, I'm Robbie fucking Williams, and you are fucking Vienna, and for the next two hours your ass is mine", sagt der Charmeur kaugummikauend zur Begrüßung, schwingt den Gehstock und nickt entgegengestreckte Hände ab. Mit Let me entertain you beginnt für die Jünger der unterleibsgesteuerte Anbetungsdienst.

Unterdessen wird auf der Bühne ein bizarrer Kult um den Kopf betrieben. Auf den Videowalls tauchen zunächst phrenologische Modelle von Williams' Gehirn auf. Im Lauf der Show werden dann weitere sieben, auf digitalen 3-D-Modellen beruhende Kopfkopien herangekarrt.

Die überdimensionalen Spielzeuge eines narzisstischen Königs haben alle ihre Spezialfähigkeiten. Der eine Kopf kann Feuer und Dampf, aus dem anderen werden Ballons in den Himmel entlassen. Ein dritter kann sich per LCD in einen Totenkopf verwandeln, während Williams sich selbst auf der Zunge sitzt und als Draufgabe den 2002er-Hit Feel zum Besten gibt. Vanitas fürs Kinderzimmer.

Hanswurst-artige Gaukeleien zeigen, was man sich alles an Kompensation leisten kann, wenn man es erst einmal geschafft hat. Zum Beispiel mit biervollem Mund singen. Oder sich in übergezogener weißer Schürze mit baumelndem Stoffpenis einen weiblichen Fan aus dem Publikum holen.

So tingelt Williams mit seinem Band-Tross durch die Jahrzehnte und nimmt sich, was er braucht. Erbeutete Edelsteinchen verdichtet er zum millionenteuren Witz, wo für jeden etwas dabei ist. Da zitiert Williams plötzlich Britney Spears, da baut er zwischen Big-Band und Prince-Anleihen noch einen Beyoncé'schen Balztanz ein. Mit Walk On The Wild Side covert er sogar Lou Reed. Fehlende Gesangsfähigkeiten gleicht er mit Lausbuben-Charme aus.

Zum fragwürdigen Königstitel im Entertainment könnte es Williams wohl bringen. Und wenn man ihn nicht mit einem Musiker verwechselt, gibt es bei ihm auch einiges zu lachen. (Roman Gerold, DER STANDARD, 19.7.2013)