Wien/Zürich - In der Causa Immofinanz bzw. AWD gibt es an der Anlegerfront ein weiteres höchstgerichtliches Urteil. Der Oberste Gerichtshof sieht darin die Schuld an den Fehlberatungen des früheren Vertriebspartners AWD (heute Swiss Life Select) erstmals bei der ehemaligen Constantia Privatbank (CPB), die damals von Karl Petrikovics & Co in Personalunion mit der Immofinanz geführt wurde. Die AWD-Berater seien "instrumentalisiert" worden, heißt es in dem Entscheid laut "WirtschaftsBlatt".

Der AWD hat jahrelang großflächig Immofinanz- bzw. Immoeast-Aktien an österreichische Kleinanleger verkauft. Nach dem Zusammenbruch des Firmengeflechts bestehend aus Immofinanz, Immoeast und Constantia rasselten die Kurse in den Keller, tausende Menschen sitzen auf Verlusten und sind vor Gericht gezogen - zum Teil mit Unterstützung des Vereins für Konsumenteninformation (VKI). Dieser wirft dem AWD systematische Fehlberatung vor - die Aktien seien als so sicher wie ein Sparbuch verkauft, Risiken verschwiegen worden, so der Vorwurf. Der AWD hat dies bisher vehement zurückgewiesen.

Dammbruch oder Einzelfall

Einige Anleger versuchten aber auch, sich ihr Geld bei der ehemaligen Constantia (heute Aviso Zeta) zurückzuholen. So auch die zwei Kläger, die das nunmehrige OGH-Urteil erwirkt haben. "Im vorliegenden Fall stand somit die Verfolgung der eigenen Interessen der Beklagten im Vordergrund. Sie hatte aufgrund der engen Verflechtung mit der Immofinanz ein eminentes Interesse an der Veräußerung der Aktien gerade dieser Emittentin. Dafür instrumentalisierte sie die Berater, denen sie die zur Fehlberatung führenden Unterlagen zur Verfügung stellte", zitiert die Zeitung aus dem Spruch. Ob sich die Anleger bereits über einen Teil des Schadens mit dem früheren AWD verglichen haben, war egal.

Was dieses Urteil bedeutet, darüber scheiden sich die Geister. Anlegervertreter sprechen von einem Dammbruch; einige meinen, der ehemalige AWD könnte sich möglicherweise bei der Aviso Zeta, der Bad Bank der früheren Constantia, schadlos halten. Aber: Immofinanz-Chef Eduard Zehetner hatte in der Vergangenheit mehrfach betont, die Aviso - derzeit ist ein Haftungsvolumen von knapp 80 Mio. Euro da - bei zu hohen Schadenersatzforderungen in Konkurs gehen zu lassen. Aviso-Vorstand Stefan Frömmel hielt in einem Statement fest, man solle sich "hüten, voreilig von 'bahnbrechenden Entscheidungen' oder einem 'Dammbruch' zu sprechen. Wir haben es hier nach wie vor mit Entscheidungen zu tun, die ganz stark den konkreten Einzelfall berücksichtigen und noch viele Fragen beantwortet werden müssen, bevor sich eine Rechtsprechung festigt." (APA, 18.7.2013)