Seit Tagen wird der Fall einer Wiener Ärztin diskutiert, in deren Praxis es zu Fehlbehandlungen von Patientinnen gekommen sein soll. Wir bedauern diese Vorfälle außerordentlich. Fahrlässiges oder bewusstes Fehlverhalten muss untersucht und unterbunden werden. Die Verantwortlichen sind zur Rechenschaft zu ziehen. In diesen Punkten sind wir mit der Wiener Patientenanwältin, die den Fall publik gemacht hat, einer Meinung.

Es gibt aber Anwürfe, die falsch sind: Sigrid Pilz hat der Ärztekammer Untätigkeit unterstellt und von ihr die Schließung der Praxis gefordert. Kammer und Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung in der Medizin (ÖQMed) haben in den vergangenen Jahren auf hygienische Mängel in der Ordination hingewiesen. Diese wurde auch mehrfach von der MA 40 gesperrt. In Sachen Fehlbehandlung sind Erhebungen sehr wohl im Gange, aber nicht durch die ÖQMed, die dazu gar nicht gesetzlich ermächtigt ist.

Pilz hat mich im Herbst 2012 informiert, dass Fehlbehandlungsfälle besagter Ärztin vorliegen, jedoch nicht darüber, welche dies sind. Unverzüglich erfolgte meinerseits eine Anzeige an der für den Entzug der Berufsberechtigung zuständigen Stelle. Erst im Mai 2013 hat Pilz Kammeramtsdirektor Thomas Holzgruber zwei konkrete Fälle übermittelt, alle anderen hat sie bis heute ausschließlich den Medien kommuniziert,

Der Ruf von Kammerpräsident Artur Wechselberger nach dem Strafrichter in solchen Fällen ist logisch, da nur nach Strafanzeigen ein vorläufiges Berufsverbot ausgesprochen werden kann, wie es letztlich im Fall dieser Ärztin auch geschehen ist. Warum Pilz nicht die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat, ist vollkommen unverständlich. Die Ärztekammer kann und darf keine Ordinationen sperren. (Thomas Szekeres, DER STANDARD, 18.7.2013)