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Laut den Virologen der MedUni Wien werden eine ganze Reihe "exotischer Viren", welche die Speziesbarriere überspringen und von denen einige bei Menschen schwere Erkrankungen auslösen können, von Fledermäusen übertragen.

Foto: ap/MARIO QUADROS

Wien - Im Nahen Osten beobachten Experten derzeit sehr genau, wie sich die Erkrankungen durch das MERS-Coronavirus (Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus) entwickeln. Bis Ende vergangener Woche wurden laut WHO insgesamt 82 Infektionen gemeldet, wobei 45 Personen mittlerweile verstorben sind. Als mögliches "Reservoir" für die krank machende Viren werden nun auch Fledermäuse vermutet. - Das berichteten kürzlich auch Forscher des Departments für Virologie der MedUni Wien.

Das MERS-Virus nahm seinen Ausgang von Saudi-Arabien. Die Patienten außerhalb Saudi-Arabiens hatten alle entweder das Land zuvor besucht oder Kontakt mit Menschen, die eine Reise in die Region unternommen hatten. Das Coronavirus weist Ähnlichkeiten mit der vor zehn Jahren vor allem in Asien grassierenden Atemwegserkrankung SARS auf. Es kann grippeähnliche Symptome auslösen, aber auch zu einer schweren Lungenentzündung führen. Anders als beim SARS-Virus führt der neue Erreger oft zu Nierenversagen. Der genaue Übertragungsweg ist noch unklar.

Derartige Krankheitserreger benötigen oft ein "Reservoir" zum Überleben. Als Zoonosen können sie dann die Artengrenze überspringen. "Obwohl seit über 100 Jahren der Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Tollwut und dem Vorkommen von Fledermäusen bekannt ist, wusste man bis vor kurzem nur sehr wenig über die große Anzahl und Vielfalt der Virusinfektionen dieser alten Säugetierspezies und deren zunehmende Bedeutung für den Menschen", schreiben Claudia Honsig und Theresia Popow-Kraupp von der MedUni Wien in der Fachpublikation "Virusepidemiologische Information". 

Mehrere Erklärungsfaktoren

Eine ganze Reihe "exotischer Viren", welche die Speziesbarriere überspringen und von denen einige bei Menschen schwere Erkrankungen auslösen können, werden von Fledermäusen übertragen. Laut den Wiener Virologen zählen dazu: Das dem Masernvirus des Menschen sehr ähnliche Hendravirus (Familie der Paramyxoviren), das nahe verwandte Nipahvirus, das erstmals 1998 bei einem Infektionsausbruch in Malaysia nachgewiesen wurde und schwere Gehirnhautentzündungen auslöst, die Filoviren (Ebola- und Marburgviren), das SARS-Virus und womöglich das MERS-Coronavirus. Dazu kommen laut Forschungen deutscher Wissenschaftler auch noch Adeno-, Astro-, Rota- und Hantaviren sowie Dutzende Verwandte von Masern- und Mumpserregern.

Die Frage lautet natürlich, warum gerade die Fledermäuse den Krankheitserregern als Wirtsmechanismen dienen. "Dafür gibt es mehrere Erklärungen: Weltweit zählt man etwa 1.240 Fledermausarten, und damit machen sie mehr als 20 Prozent aller Säugetierarten aus. Diese Vielfalt und Vielzahl könnte einen geeigneten 'Nährboden' für Viren darstellen", so die Wiener Virologen.

Ein zweiter möglicher Faktor: Fledermäuse sind sehr alte Säugetiere. Das bisher älteste Fossil wurde auf über 50 Millionen Jahre zurück datiert. Laut den Experten "spricht einiges dafür, dass sich Viren über Millionen von Jahren an die Fledermäuse angepasst und eine symbiotische Beziehung entwickelt haben. Ein Hinweis dafür ist auch, dass die Viren in den Fledermäusen keine Erkrankungen hervorrufen."

Ein weiterer Punkt ist die "Lebensart" der Tiere, welche den Wissenschaftlern zufolge die Verbreitung von Viren fördert: Fledermäuse seien die einzigen Säugetiere, die fliegen können, wobei manche Arten Hunderte Kilometer weit zu ihren Winterquartieren ziehen. Das berge das Risiko vieler Kontakte mit anderen Säugetieren oder mit Menschen in sich. Hinzu käme noch ihre lange Lebensdauer (manche Fledermausarten werden bis zu 35 Jahre alt), sowie das enge Zusammenleben in riesigen Populationen mit Millionen Exemplaren, unter denen die Viren dann "zirkulieren" können. (APA/red, derStandard.at, 17.7.2013)