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Dieser Verkäufer bietet Tahrirplatzdatteln feil.

Foto: Reuters/Dalsh

Wenn man in Ägypten etwas über öffentliche Meinung erfahren will, dann gehe man im Ramadan auf den Markt und kaufe Datteln: Das tägliche Fasten wird ja traditionell bei Sonnenuntergang mit dem Genuss von dreien dieser Wunderfrüchte gebrochen - erstens hat es der Prophet Muhammad auch so gemacht, und zweitens ist ja die Dattel als Energy Food tatsächlich nicht zu schlagen. Und je nach Güte bekommen die Datteln von ihren Verkäufern Namen verpasst. So weiß man, was in und was out ist und wen die Ägypter zum Fressen gerne haben.

In unpolitischeren Zeiten heißen die geschätzten Sorten meist nach schönen singenden Damen, in politisch heißeren haben die Frauen ausgedattelt: Folgerichtig heißt heuer eine der teuersten Datteln "Al-Sisi", nach dem guten Putschgeneral. Auch die Anti-Muslimbrüder-Bewegung "Tamarrud" ist den Dattelkäufern teuer, während ihr Pro-Muslimbrüder-Pendant "Tajarrud" der billigsten Sorte den Namen gibt. Einigermaßen beruhigend ist, dass auch die Dattel mit dem Namen "Es tut uns leid, Herr Präsident" - eine Entschuldigung beim 2011 gestürzten Hosni Mubarak - nicht viel kostet.

2009 gehörte "Obama", 2006, im Jahr des israelisch-libanesischen Kriegs, "Hassan Nasrallah" zu den teuren Sorten: Heute ist weder der US-Präsident noch der Hisbollah-Chef etwas wert. Und auch die "Osama bin Laden" ist längst vom Markt verschwunden. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 17.7.2013)